Gesundheitsminister kontern Lauterbach |
Alexander Müller |
04.12.2023 13:30 Uhr |
Die Bundesländer haben den Apotheken bei ihren November-Protesten ihre Unterstützung zugesagt. / Foto: Adobe Stock/ Hero
Ein deutliches Signal sendeten Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder. Sie forderten per Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK), die bestehende Apothekenstruktur nicht anzutasten. Auch bei den regionalen Protestkundgebungen in Hannover, Dortmund, Stuttgart und Dresden bekundeten Vertreterinnen und Vertreter der Landesregierungen den Apothekenteams ihre Unterstützung.
Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD) sagte bei der Kundgebung in Hannover am 8. November: »In den Apotheken arbeitet hochqualifiziertes Personal – die Inhabenden müssen auch die entsprechenden wirtschaftlichen Spielräume zur Verfügung gestellt bekommen, um sie angemessen zu bezahlen.« Eine Honoraranpassung sei dringend nötig, damit Apotheken wirtschaftlich betrieben werden könnten und auch genug junge Apothekerinnen und Apotheker den Weg in die Selbstständigkeit wählten, so Philippi, selbst Facharzt für Chirurgie. »Nur so können wir die gute Arzneimittelversorgung, die wir trotz der Lieferengpässe immer noch haben, weiterhin gewährleisten.«
Der SPD-Politiker stellte sich gegen die Pläne seines Parteigenossen aus dem Bundesministerium. Denn »Apotheken light« würden die Probleme aus seiner Sicht nicht lösen. »Eine Apotheke ohne anwesenden Apotheker, ohne Rezepturherstellung, die nicht am Notdienst teilnimmt – dadurch wird die Versorgung der Bevölkerung eindeutig nicht verbessert«, so Philippi.
Mecklenburg-Vorpommerns Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) wollte sich bei der gemeinsamen Demonstration der Heilberufe am selben Tag nicht darauf einlassen, Lauterbach zum Sündenbock zu erklären. Sie sieht die Selbstverwaltung in der Pflicht, weiß aber um die Schwierigkeit der Gespräche mit dem GKV-Spitzenverband. »Die Verhandlungen mit den Krankenkassen kann ich Ihnen nicht abnehmen, aber ich kann gerne versuchen, Sie alle an einen Tisch zu holen, wie wir es bei der Pflege gemacht haben«, so Drese.
Lauterbachs Parteikollege Florian Wahl (SPD), Sprecher für Gesundheit und Pflege der SPD‐Landtagsfraktion sowie Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im baden-württembergischen Landtag, betonte bei der Kundgebung in Stuttgart, die Apotheken müssten für ihre wichtige Lotsenfunkton im Gesundheitswesen angemessen vergütet werden. Sein Versprechen an die Demonstrierenden: »Ich habe hier Bilder gemacht und werde sie nach Berlin tragen zu den Kollegen der Bundestagsfraktion.«
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) war zwar am 15. November nicht beim Apothekenprotest in Dortmund. Gegenüber der PZ warnte er aber eindringlich davor, die bestehende Apothekenstruktur anzutasten. Einmal verändert, könne niemand das Rad zurückdrehen. Die Reformpläne des Bundesgesundheitsministers machten keinen Sinn. Bei der Frage, wie das Gesundheitswesen zukünftig organisiert werde solle, müsse man sich die Frage stellen: »Wollen wir in erster Linie Mittelstand und Freiberuflichkeit oder wollen wir weitverzweigte Konzernstrukturen?« Er plädiere stark für Ersteres, denn »ich bin lieber im Dialog mit einer selbstständigen Apotherkerschaft, die für mich ansprechbar ist, statt mit Konzernen«.
Bayerns neue Gesundheitsministerin Judith Gerlach unterstützt explizit Forderung der Apotheken, dass die Vergütung an die gestiegenen Kosten von Personal, Energie und durch Inflation angepasst werden müsse. »Bundesminister Lauterbach muss hier endlich handeln.« Bayern setze sich dafür ein, dass die im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verordnete Erhöhung des Kassenabschlags von 1,77 auf 2 Euro wieder gestrichen wird. Eigentlich soll der erhöhte Abschlag auch 2024 noch gelten. »Außerdem müssen die Festzuschläge erhöht werden, damit Leistungen der inhabergeführten öffentlichen Apotheken angemessen und gerecht honoriert werden.« Ein entsprechender Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz liege vor.
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Bündnis 90/Die Grünen) betonte, dass die niedergelassenen Apotheken ein ausreichendes betriebswirtschaftliches Fundament benötigten, um eine hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Lauterbach müsse mit den Ländern »ernsthafte Gespräche« führen, um die Missstände für die deutschen Apotheken konstruktiv anzugehen. »Apothekerinnen und Apotheker kritisieren zu Recht, dass sie mehr als zehn Jahre lang ohne Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung auskommen mussten«, so Lucha.
Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) sagte bei der Kundgebung auf dem Dresdner Theaterplatz am 22. November: »Ich bin heute hier, weil auch ich Sie unterstützen will.« Ihr Parteikollege Lauterbach habe dicke Bretter zu bohren, denn man müsse bedenken: »Es ist einfach viele viele Jahre nichts passiert.« Sie selbst sei definitiv für eine Honorarerhöhung.
Aus der FDP-Fraktion erteilte unter anderem der gesundheitspolitische Sprecher Andrew Ullmann den Liberalisierungsplänen Lauterbachs eine Absage. Die hochwertige Ausbildung der Pharmazeuten in Deutschland solle nicht infrage gestellt werden, sagte der Gesundheitspolitiker und Mediziner. Das Problem sei nicht, dass die Apotheken neu definiert werden müssten, sondern vielmehr die Tätigkeit des Apothekers, so Ullmann. Zudem gehe es darum zu klären, wie Apotheken in strukturärmeren Gebieten gestärkt werden könnten. Was die Honorarforderungen der Apothekerschaft betrifft, ist Ullmann allerdings auf BMG-Linie: »Allein nur Geld im Gießkannensystem hineinzubringen«, sei nicht die Lösung, so Ullmann. »Wir müssen das gezielter angehen.«