Beim Tätowieren werden Farbpigmente in tiefe Hautschichten eingebracht. Da bleiben sie jedoch nicht immer, sondern »gehen auf Wanderschaft« und können dadurch an anderen Orten im Körper Schäden anrichten. / Foto: Fotolia/yuryrumovsky
»Tattoo-Farben können nahezu alle Arten von Giften enthalten«, sagte Apothekerin Grit Spading am Wochenende in einem Vortrag bei der Hermann-Hager-Tagung der Apothekerkammer Brandenburg. Bestandteile könnten unter anderem potenziell krebserregende Stoffe wie polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Nitrosamine, aromatische Amine, Formaldehyd(abspalter), halogenorganische Stoffe oder Nickel sein. Die sogenannte Rapid Exchange of Information System (Rapex)-Liste als Schnellwarnsystem der Europäischen Kommission umfasse rund 200 Meldungen zu schädlichen Tattoofarben. Denn: »Farbchemikalien bleiben nicht in der Haut, sondern gehen auf Wanderschaft«, erläuterte die Pharmazeutin.
Pigmente aus Tattoofarben könnten aus der Haut direkt in die Lymphknoten und von dort aus in den ganzen Körper gelangen, so Spading. Manche Tattoofarben enthalten auch Nanopartikel als winzige Teilchen, die in der Lage sind, besonders schnell die Haut zu verlassen und sich über die Lymphe und den Blutstrom im ganzen Körper zu verteilen. »In welchem Ausmaß dies geschieht, wird sich erst in 20 bis 30 Jahren sagen lassen, wenn erste Langzeitschäden auftauchen – oder auch nicht«, bemerkte die Referentin.
Mit Ausschlägen, Schwellungen, Entzündungen, Rötungen und/oder Juckreiz direkt nach dem Stechen sei immer zu rechnen. »Schließlich handelt es sich um eine starke Verletzung der Haut. Klar, dass diese reagiert.« Cremen sei das A und O in der Heilphase eines Tattoos, sagte Spading, die auf die Bedeutung der entsprechenden Beratung und Pflegehinweise in der Apotheke verwies.
Die Haut vergisst nicht. Auch Jahre später noch könne es zu chronischen Infektionen, bleibenden Schwellungen, dauerhaften Allergien gegen die Farbpigmente beziehungsweise Knötchen kommen, in denen Farbinhaltsstoffe eingeschlossen oder vom Körper verkapselt werden.
Ob dermatologische oder organische Schäden, ob Autoimmunerkrankungen oder Krebs: Ersten US-amerikanischen Studien gemäß entwickelt eine Vielzahl der Menschen mit Tattoos gleich welcher Art in späteren Lebensjahren chronische Gesundheitsprobleme. Die Studienautoren hätten deutlich gemacht, dass diese viel häufiger aufträten als allgemein vermutet, so Spading.
Sofern mögliche Tattoogifte erst einmal tiefer in den Organismus eingedrungen sind, können sie nicht mehr vollständig ausgesondert werden. Besteht jedoch der Wunsch, das Tattoo entfernen zu lassen, so gibt es mehrere Möglichkeiten, unter anderem die Laserbehandlung. Dabei werden die Farbpartikel in der Dermis durch den Laserstrahl auf sehr hohe Temperaturen erhitzt und zerplatzen, worauf sie über das Lymphsystem abtransportiert und anschließend über Leber und Niere ausgeschieden werden. Auch dieses Procedere sei allerdings durchaus mit Gefahren verbunden, wie Spading ausführte.
Probleme könne insbesondere das blaue Tattoopigment Phthalocyaninblau bereiten. Es komme zur Freisetzung von zum Teil erheblichen Mengen an Blausäure, die im Körper zu Zell- und Organschäden mit möglicherweise auch tödlichem Ausgang führten. Das Gefahrenpotenzial sei umso größer, je umfangreicher die zu entfernende Tätowierung sei.
Als weiteres Verfahren schilderte Spading die Entfernung von Tattoos mit 40-prozentiger Milchsäure, die analog zu den Pigmenten in die Dermis gespritzt wird. Auch hier seien allerdings teilweise schwere Entzündungsreaktionen mit der Bildung von Wundmalen zu beobachten. Gleiches gelte für die Diathermie, bei der in der Haut mittels Strom Temperaturen erzeugt werden, unter denen die Farbpigmente quasi verbrennen. Bei der ebenfalls von Medizinern angewandten Dermabrasion (Hautabschleifung) mittels eines Sandstrahlgerätes oder eine Fräse handelt es sich um ein »zwar gründliches Verfahren«, doch sei auch hier das Narbenrisiko besonders hoch.
Im Falle kleinerer Tattoos könnten die Hautstellen mit der Tätowierung unter örtlicher Betäubung chirurgisch entfernt (Exzision) und die angrenzenden Areale nach Dehnung zusammengenäht werden, so Spading weiter. Auch hier sei die Bildung von Wundmalen nicht auszuschließen. Von Vorteil sei allerdings, dass sich das Tattoo definitiv durch einen einmaligen Eingriff beseitigen lasse.
Etwas geringer sei die Narbenbildung beim sogenannten Waterjet-Cutting, bei dem die tätowierten Hautbereiche unter Vollnarkose mit einem feinen Wasserstrahl quasi unterhöhlt und die Farbpigmente weggespült würden. Mit dieser Technik sei auch die Entfernung großflächiger Tätowierungen möglich, sagte Spading.