»Gesundheit in Gefahr« |
Daniela Hüttemann |
27.09.2024 16:06 Uhr |
»Mit seinen Reformplänen wird Gesundheitsminister Lauterbach gegen den Willen der Länder und einem großen Teil der Parlamentarier das bewährte, kostengünstige und niedrigschwelligere System der Vor-Ort-Apotheken schwächen«, betonte Hans-Günter Lund, Vorsitzender des AV Schleswig-Holstein. / Foto: Thomas Eisenkraetzer
Die fünf Heilberufegruppen gaben jeweils nur ein kurzes Statement zu ihren aktuell drängendsten Themen ab, die sich doch überall gleichen: Fachkräftemangel, Bürokratie und Bedrohung der Freiberuflichkeit beschäftigen Apotheker, Humanmediziner, Tier- und Zahnärzte sowie Psychotherapeuten gleichermaßen. Auch in der Kritik am Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) waren sich alle einig – auch wenn Moderator Dirk Schnack vom »Deutschen Ärzteblatt« daran erinnerte, dass der aktuelle Minister damit in bester Tradition seiner Vorgänger und Vorgängerinnen seit Horst Seehofer stehe.
Für die Apotheken kann man jedoch schon konstatieren: So schlecht wie aktuell war die Lage noch nie. »Die mangelnde Dialogbereitschaft und das Festhalten an kruden Ideen wie Apotheken ohne Apotheker wird zu einer dramatischen Verschlechterung der Versorgung führen, sodass neben den Apotheken die Patienten die wirklich Leidtragenden dieser Reformpläne sein werden«, so Hans-Günter Lund, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein, stellvertretend für Verband und Apothekerkammer.
Landesgesundheitsministerin Kerstin von der Decken (CDU) sprach sich deutlich gegen das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplante Apothekenreformgesetz in seiner jetzigen Form aus. / Foto: Thomas Eisenkraetzer
Das sieht auch Schleswig-Holsteins Ministerin für Justiz und Gesundheit, Kerstin von der Decken (CDU), so. In ihrer ausführlichen Rede ging sie auf verschiedene Probleme ein. Dabei machen ihr die Apotheken besonders große Sorgen. Während es fünf Jahre zuvor noch knapp 650 Apotheken waren, liegt das nördlichste Bundesland mittlerweile nur noch bei 575 und weitere Schließungen seien bereits angekündigt.
»Wir wissen alle«, so die Ministerin, »dass sich ihr Honorar in den vergangenen 20 Jahren nur einmal 2013 um 25 Cent pro Packung erhöht hat.« Die Lage habe sich durch die Belastung im GKV-Stabilisierungs-Gesetz und dem Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs weiter verschärft. Alle Betriebe sähen sich mit massiven Schwierigkeiten konfrontiert, jede spüre mittlerweile Existenzangst. »Hier müssen wir eingreifen. Die Versorgung darf nicht weiter ausdünnen.«
Sie verwies auf einen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz diesen Juni und die Forderung an den Bund, die Pläne für die völlig unzureichende Apothekenreform mit Light-Apotheken zurückzunehmen und die Apotheken stattdessen nachhaltig zu stärken. Wie von der Decken sagte, gebe es dem Vernehmen nach wohl auch innerhalb der Bundesregierung Widerstand gegen Lauterbachs Pläne, zumindest lag sein Entwurf immer noch nicht offiziell auf dem Kabinettstisch. Nun wollten die Landesgesundheitsminister abwarten, ob und wie der Kabinettsentwurf kommt und dann dementsprechend darauf reagieren.
Von der Decken adressierte neben dem Apothekensterben auch weitere Probleme in der ambulanten und stationären Versorgung und stellte dabei vor allem die unterschiedlichen Positionen des Landes Schleswig-Holstein gegenüber dem Bund dar. / Foto: Thomas Eisenkraetzer
Die Kritik an ihrem Parteikollegen musste die Landtagsabgeordnete Sophia Schiebe (SPD) stellvertretend entgegen nehmen. Sie schätze Minister Lauterbach dafür, Dinge anzugehen, die schon lange anstehen. Sie habe aber den Wunsch der Heilberufler gehört, mehr mitgenommen und ernst genommen zu werden und will das an Lauterbach weitergeben – »gerade jetzt, wo unsere Demokratie unter keinem guten Stern steht«.
Clemens Veltrup, Präsident der Psychotherapeutenkammer, hatte zuvor den bekannten Philosophen und Psychotherapeuten Paul Watzlawick zitiert, man könne nicht nicht kommunizieren. Der Bundesgesundheitsminister habe diese These jedoch erfolgreich falsifiziert.
Apotheker Hans-Günter Lund fand jedenfalls klare Worte: »Anstatt den ambulanten Sektor nachhaltig zu stärken und dabei alle Beteiligten in die Versorgung einzubinden, werden bestehende Strukturen wie die Apotheken geschwächt und vom Minister nicht als Teil der Lösung gesehen, sondern auf reine Distribution und Logistik reduziert und offensichtlich als überflüssig erachtet. Dieses Verhalten des Ministers gepaart mit seiner perfiden Strategie der Erpressung und des Regierens nach Gutsherrenart wird unser gesamtes Gesundheitssystem nachhaltig beschädigen!«