Gerlach kritisiert Reformpläne bei Apothekenbesuch |
| Melanie Höhn |
| 11.07.2024 11:54 Uhr |
Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach (links) während ihres Besuches in der Familienapotheke von Franziska Scharpf, Vizepräsidentin der Bayerischen Landesapothekerkammer. / Foto: Bayerisches Staatsministerium für
Gesundheit, Pflege und Prävention
Gerlach erklärte heute anlässlich ihres Besuchs in der Familienapotheke von Franziska Scharpf, Vizepräsidentin der Bayerischen Landesapothekerkammer: »Die Zahl der öffentlichen Vor-Ort-Apotheken im Freistaat nimmt stetig ab. Seit 2009 wurden mehr als 600 Apotheken in Bayern für immer geschlossen. Aber die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass sie auch in Zukunft wohnortnah mit allen Arzneimitteln versorgt werden – und das flächendeckend auch auf dem Land«, sagte Gerlach vor Ort in Sonthofen.
Die Ministerin unterstrich: »Deshalb arbeiten wir intensiv mit den Apothekerinnen und Apothekern zusammen. So finanziert das bayerische Gesundheitsministerium aktuell mit 700.000 Euro eine Studie, mit der innovative Ansätze für die künftige Gestaltung und Sicherstellung der Arzneimittelversorgung durch öffentliche Vor-Ort-Apotheken erarbeitet werden sollen.«
Zudem informierte sich Gerlach bei dem Besuch über das weite Leistungsspektrum und die vielschichtigen Arbeitsabläufe einer Apotheke. Die Ministerin sprach mit Apothekerin Scharpf zudem über die Positionen der Landesapothekerkammer zu den Plänen der Bundesregierung für die Apothekenreform.
Dabei betonte die Ministerin: »Mit einer Vor-Ort-Apotheke den gesetzlichen Versorgungsauftrag zu erfüllen, muss für die Apothekerinnen und Apotheker wieder wirtschaftlich auskömmlich sein. Sonst können wir auch das Nachwuchsproblem nicht lösen«. Gemeinsam mit der Bayerischen Landesapothekerkammer und dem Bayerischen Apothekerverband setze sich ihr Ministerium mit einer Kampagne aktiv dafür ein, pharmazeutisches Personal für die öffentlichen Apotheken zu gewinnen.
Darüber hinaus erkläre die Ministerin, dass Apothekerinnen und Apotheker durch die Inflation, die gestiegenen Personal- und Energiekosten und die unzureichende Honorierung unter immensem finanziellen Druck stünden. Die öffentlichen Apotheken bräuchten ein ausreichendes betriebswirtschaftliches Fundament, um eine hochwertige Versorgung zu gewährleisten. Dafür seien neue Finanzierungskonzepte notwendig.
Gerlach kritisierte außerdem, dass die geplante Apothekenreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Versorgung vor Ort gefährde, »wenn nicht endlich umgesteuert wird«. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach müsse alles dafür tun, die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Leistungsfähigkeit der Apotheken zu bewahren. Sie forderte, dass die Preisgestaltung neu geregelt wird. Vorhandene Mittel nur umzuverteilen, könne nicht die Lösung sein. »Ich fordere eine angemessene Erhöhung der seit Jahren unveränderten Apothekenzuschläge bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel in den öffentlichen Apotheken«, erklärte sie.
Auch in den Plänen von Lauterbach für sogenannte Video-Apotheken ohne Apothekerinnen oder Apotheker vor Ort »und damit zwangsweise eingeschränktem Arzneimittel- und Dienstleistungsangebot« sehe sie eine Gefahr für die Versorgung. Die Qualität der Beratung und die Arzneimittelsicherheit könnten Video-Apotheken nicht in dem Maße gewährleisten, wie es die Apothekerinnen und Apotheker vor Ort tun. »Digitalisierung soll unser Leben besser machen und nicht Qualitätseinbußen in der Versorgung provozieren«. sagte sie weiter.
Die Ministerin resümierte, dass die geplante Apothekenreform an den Bedürfnissen sowohl der Bürgerinnen und Bürger als auch der Apotheken vorbeigehe – auch weil nicht ernsthaft mit den Beteiligten gesprochen werde. Gerlach: »Lauterbach sollte das Vorhaben zunächst aussetzen und auf Bundesebene in einem überparteilichen Gremium – auch mit Bürgerinnen und Bürgern und Apothekerinnen und Apothekern – die künftige Versorgung diskutieren. Es geht hier schließlich um eine grundlegende Weichenstellung für die Apothekenversorgung der Zukunft«.