Geringeres Demenzrisiko durch diese Arzneimittel |
Sven Siebenand |
07.02.2025 18:00 Uhr |
Einige seit Langem aus anderen Einsatzgebieten bekannte Wirkstoffe könnten potenziell auch zur Behandlung von Demenzerkrankungen geeignet sein. / © Adobe Stock/Nadzeya
Wissenschaftler wenden sich zunehmend bekannten Arzneimitteln zu und prüfen, ob sie auch zur Behandlung von Demenz geeignet sein könnten – das typische Repurposing also. Da das Sicherheitsprofil dieser Medikamente besser bekannt ist, kann der Übergang zu klinischen Studien bei ihnen erheblich schneller erfolgen als bei ganz neuen Wirkstoffen.
Ein Team um Dr. Benjamin R. Underwood von der University of Cambridge, Großbritannien, hat in »Alzheimer’s and Dementia: Translational Research & Clinical Interventions« nun Ergebnisse eines systematischen Reviews zum Thema Repurposing von Medikamenten bezüglich Demenzerkrankungen veröffentlicht. In einer Pressemitteilung geht die Hochschule darauf ein.
Die Wissenschaftler hatten insgesamt 14 große Studien und Daten von mehr als 130 Millionen Menschen sowie eine Million Demenzfällen ausgewertet. Obwohl die Studien keine einheitlichen Ergebnisse bezüglich einzelner Medikamente lieferten, die das Demenzrisiko beeinflussen, konnten die Forscher mehrere Medikamentenklassen mit einem veränderten Risiko für Demenzerkrankungen in Verbindung bringen.
Ein Ergebnis war der Zusammenhang zwischen Antibiotika, antiviralen Medikamenten und Impfstoffen sowie einem verringerten Demenzrisiko. Diese Erkenntnis unterstützt die Hypothese, dass Demenzerkrankungen durch virale oder bakterielle Infektionen ausgelöst werden könnten, so die Hochschule. Zudem unterstreiche sie auch das wachsende Interesse an Impfstoffen, etwa dem BCG-Impfstoff gegen Tuberkulose, in Bezug auf ein reduziertes Demenzrisiko.
Auch entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen wurden mit einem geringeren Risiko für Demenz in Verbindung gebracht. Entzündungen werden zunehmend als bedeutender Faktor für eine Vielzahl von Krankheiten angesehen – auch für kognitive Erkrankung. Diese Erkenntnis wird laut der Universität auch damit untermauert, dass einige Gene, die das Risiko für Demenz erhöhen, Teil entzündlicher Signalwege sind.
Widersprüchliche Beweise fanden die Forscher für andere Medikamentenklassen: Während einige Blutdrucksenker, Antidepressiva und – in geringerem Maße – Diabetesmedikamente mit einem verringerten Demenzrisiko in Verbindung gebracht wurden, wurden andere mit einem erhöhten Risiko assoziiert.
Die ebenfalls an der Studie beteiligte Dr. Ilianna Lourida von der University of Exeter, Großbritannien, erklärt deshalb: »Nur weil ein bestimmtes Medikament mit einem veränderten Demenzrisiko in Verbindung gebracht wird, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass es Demenz verursacht oder verhindert. Wir wissen zum Beispiel, dass Diabetes das Risiko für Demenz erhöht. Menschen, die Medikamente zur Regulierung ihres Blutzuckerspiegels einnehmen, haben daher natürlicherweise auch ein höheres Demenzrisiko – aber das bedeutet nicht, dass das Medikament selbst das Risiko erhöht.« Und: »Es ist wichtig zu bedenken, dass alle Medikamente sowohl Vorteile als auch Risiken haben. Niemand sollte seine Medikation ändern, ohne dies zuerst mit seinem Arzt zu besprechen.«
Wie geht es nun weiter? In der Originalpublikation kommen die Autoren zu dem Schluss, dass ihre Arbeit bei der Priorisierung von Kandidaten für ein Drug Repurposing und auch bei der Erforschung potenzieller pathogener Pfade bei Demenzerkrankungen helfen kann.