| Alexander Müller |
| 11.07.2025 09:58 Uhr |
Bei Goeasy können die Nutzer Cannabis-Rezepte online erhalten, wenn sie einen Fragebogen ausfüllen. / © Screenshot: goeasy.de
In dem Verfahren ging es um die Plattform Goeasy, die von der Münchener Wellster-Gruppe betrieben wird. Das Unternehmen ist für weitere Plattformen bekannt, bei denen Kundinnen und Kunden online ohne großen Aufwand verschreibungspflichtige Präparate ordern können: Potenzmittel, Abnehmspritzen und andere Lifestylepräparate.
Bei Goeasy können die Nutzer Cannabis-Rezepte online erhalten, wenn sie einen Fragebogen ausfüllen. Den Versand übernimmt eine Apotheke in Rheinland-Pfalz. Die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) führte im Juli 2024 einen Testkauf durch und zog nach erfolgloser Abmahnung gegen das Angebot vor Gericht.
Die Kammer sah in dem Angebot einen Verstoß gegen das Werbeverbot für Fernbehandlungen nach § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Denn es widerspreche den anerkannten fachlichen Standards, medizinisches Cannabis via Fernbehandlung zu verschreiben. Die Verschreibung suchtgefährdender Stoffe an unbekannte Personen im Wege der Telemedizin sei unzulässig.
Beim Fragebogen muss man angeben, ob man 25 Jahre alt oder älter ist und ob eine Schwangerschaft vorliegt. Ein Dutzend Beschwerden zur Auswahl, wegen denen man sich behandeln lassen möchte, darunter chronische Schmerzen oder Schlafstörungen, ADHS, Endometriose und Morbus Crohn. Auch nach anderen Vorerkrankungen wird mit expliziten Beispielen gefragt, ebenso nach Anzeichen für akute Psychosen. Wie lange und wie stark die Beschwerden sind und welche Therapieversuche bislang unternommen wurden, soll ebenfalls angegeben werden.
Beim Testkauf der AKNR fiel auf, dass bestimmte Antworten einen Bezug von Cannabis zwar zunächst ausschließen, »durch einfaches Zurückklicken« die Frage aber anders beantwortet werden kann, sodass der Bestellvorgang fortgesetzt werden kann.
Die Kammer monierte außerdem einen Verstoß gegen das Zuweisungsverbot von Rezepten nach § 11 Abs. 1 Apothekengesetz (ApoG). Die Plattform verweist laut den Gerichtsakten selbst dann auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Apotheke in Rheinland-Pfalz, wenn sich der Kunde das Rezept nach Hause schicken lässt. Auch die E-Mail-Adresse für eine etwaige pharmazeutische Beratung sei die der Apotheke.
»Goeasy« hielt dagegen, dass die Verordnung nicht quasi automatisch erfolge. Neben der Online-Verordnung bestehe gleichwertig die Option, einen Arzt in der Nähe zu finden. Zudem werde jede Anfrage zusätzlich von einem Arzt begutachtet, der bei Bedarf eine Videosprechstunde einleite. Verordnungen würden nur auf Grundlage einer umfassenden Anamnese und einer ärztlichen Prüfung im Einzelfall ausgestellt, so die Behauptung des Anbieters. Eine Zuweisung liege nicht vor, weil die Weiterleitung des Rezepts an die Apotheke im Auftrag des Patienten geschehe.