Gericht gibt Cannabis-Plattform recht – aber nicht in der Sache |
Cornelia Dölger |
27.08.2025 14:34 Uhr |
Um aus Sicht der Kammer Nordrhein unzulässige Werbung für Cannabis-Rezeptanfragen dreht sich der aktuelle Streit. / © IMAGO/Rainer Weisflog
Bloomwell betreibt eine Plattform für medizinisches Cannabis, über die Interessierte Rezepte für Medizinalcannabisblüten bekommen können. Bei solchen Plattformen reicht oftmals ein Fragebogen aus, um an ein Rezept zu gelangen – eine fragwürdige Praxis, die regelmäßig vor Gerichten landet. Der enorme Zuwachs bei Medizinalcannabis auf Privatrezept ohne ärztliche Erstkonsultation rief bereits das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf den Plan: Derzeit justiert das Ressort von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) beim Medizinalcannabis-Gesetz (MedCanG) nach, um Onlineverordnung und Versand der Blüten zu verbieten.
Für fragwürdig hält die Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) zudem eine Bloomwell-Werbeaktion. Bei der Aktion »Freunde werben Freunde« bot das Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main Nutzern etwa Gutscheine für eine Rezeptanfrage, Sprechstunde oder Folgerezepte an, wenn sie Bekannte als Neukunden anwarben. Die Kammer sah die Aktion als unzulässig an und wollte die Plattform stoppen.
Mit ihrem Antrag auf eine einstweilige Verfügung verfing sie beim Landgericht (LG) Frankfurt allerdings nicht. Mitte Dezember 2024 wies das Gericht den Antrag ab. Die Kammer sei nicht klageberechtigt, hieß es in dem Prozessurteil. Betroffen seien ärztliche Leistungen, nicht aber Leistungen einer Apotheke. In der Sache musste sich das Gericht mit den vorgebrachten Rechtsverstößen also gar nicht befassen.
Es blieben also Fragen offen, woraufhin die Kammer in Berufung ging. Diese wies die nächsthöhere Instanz, das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, allerdings nach der mündlichen Verhandlung am 14. August zurück, wie jetzt bekannt wurde. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor.
Auch ohne die Gründe sieht sich Bloomwell bestätigt. Das Urteil zeige, dass »das Justizsystem« funktioniere und sich nicht scheue, »aggressiv abmahnenden berufsrechtlichen Institutionen ihre Grenzen aufzuzeigen«, ließ CEO Julian Wichmann wissen.
Schon das Landgericht sei der Auffassung gewesen, dass die Apothekerkammer »im konkreten Fall nicht prozessführungsbefugt sowie auch nicht aktiv legitimiert« sei, schreibt das Unternehmen. Die Kammer beziehe sich in ihrer Argumentation zudem auf gewonnene Fälle, in denen es nicht um Plattformen, sondern um Versandapotheken gegangen sei. Dies sei »ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen«, dem auch das OLG nicht folge – mutmaßt Bloomwell.
Die Kammer ihrerseits will abwarten, bis das Gericht seine Entscheidung begründet. Erst danach werde man entscheiden, ob man die Angelegenheit in der Hauptsache weiterverfolgen werde, so der mandatierte Rechtsanwalt Morton Douglas zur PZ. »In der Sache dürfte jedoch kein Zweifel bestehen, dass das Verhalten von Bloomwell wettbewerbswidrig war.« Erst unlängst habe die Kammer in einem ähnlich gelagerten Fall im Hauptsacheverfahren des LG Frankfurt »weit überwiegend obsiegt«.
Dass das BMG Cannabis-Plattformen in die Schranken weisen möchte, begrüßt die Kammer. »Insgesamt bestätigen diese Verfahren die dringende Notwendigkeit der angestrebten Gesetzesänderung des MedCanG, um derartige Verhaltensweisen effektiv zu unterbinden«, so Douglas. Bloomwell sei »mit den aggressiven Verhaltensweisen ein Paradebeispiel für die Notwendigkeit einer Gesetzesänderung«.
Mit dem Cannabisgesetz (CanG) hatte die damalige Ampelkoalition im April 2024 den medizinischen Gebrauch von Cannabis im Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) neu geregelt. Unter anderem entfiel die Einstufung als Betäubungsmittel. So kann Cannabis auf »normalen« Arzneimittelrezepten verordnet werden – und damit auch im Onlinehandel. Das will das BMG in der neuen schwarz-roten Regierung nun wieder ändern. Die Koalition plant zudem, die Teillegalisierung von Cannabis zu Genusszwecken auf den Prüfstand zu stellen.