Gentherapie bremst Fortschreiten der Erkrankung |
Theo Dingermann |
29.09.2025 16:34 Uhr |
An einem gentherapeutischen Ansatz zur Behandlung von Chorea Huntington arbeitet das US-Unternehmen UniQure. / © Getty Images/Dr_Microbe
Die Huntington-Krankheit ist eine monogenetische Erbkrankheit, die auf Defekte im Huntingtin-Gen zurückgehen. Jeder Träger einer mutierten Kopie des verantwortlichen Gens erkrankt an der neurodegenerativen Erkrankung, die innerhalb von etwa 15 Jahren zum Tod führt. Erstmals berichtet nun das Pharmaunternehmen UniQure von einem gentherapeutischen Ansatz, der die Bildung des verantwortlichen Huntingtin-Proteins verhindert. Die Ergebnisse einer zulassungsrelevanten Phase‑I/II‑Studie zur einmaligen Gentherapie mit dem Kandidaten AMT‑130 bei 29 Patienten mit einer früh manifesten Huntington‑Krankheit (HK), teilte das Unternehmen am 24. September mit.
In der Untersuchung konnte die einmalige Behandlung mit AMT-130 in der Hochdosis‑Gruppe die Krankheitsprogression nach 36 Monaten um 75 Prozent gegenüber einer gematchten Kontrollkohorte verlangsamen. Auch der wichtige sekundäre Endpunkt »Total Functional Capacity« war mit 60 Prozent signifikant verlangsamt.
Die Intervention besteht darin, dass mithilfe eines Adenoassoziierten Virus 5 (AAV5) die Bauanleitung (DNA) für eine microRNA stereotaktisch in eine bestimmte Hirnregion der Patienten appliziert wird. Die Idee ist, dass sich der Virusvektor dann in der Zielregion und in anderen Regionen ausbreitet und die DNA in Neuronen transportiert, die dann die microRNA produzieren können. Diese RNA-Moleküle blockieren die Produktion des mutierten Huntingtins dauerhaft. Denn AMT-130 ist so konzipiert, dass es sich an die Boten-RNA-Moleküle für normale und pathologische Huntingtin-Proteine anlagert. Die daraus resultierende doppelsträngige RNA wird von der Zelle schnell als fremd erkannt und zerstört.
Die Studie von UniQure umfasst 29 Personen in Amerika und Europa und läuft seit drei Jahren.
»Dies ist eine äußerst spannende Entwicklung für den Bereich der Huntington-Forschung«, sagte die wissenschaftliche Leiterin, die Neurologin Professor Dr. Sarah Tabrizi vom University College London, in einem Webcast für Investoren von UniQure, über den auch das Wissenschaftsjournal »Science« berichtet. In dem Bericht wird auch hervorgehoben, dass ein ähnlicher genetischer Ansatz mit einer Antisense-RNA im Jahr 2021 scheiterte.
Für eine endgültige Beurteilung der Daten sollte die Publikation der Studienergebnisse in einer Fachzeitschrift abgewartet werden. Zudem wird die Behandlung sehr teuer werden. Derzeit ist von Kosten um die 2 Millionen US-Dollar (1,7 Millionen Euro) die Rede, ähnlich wie dies für andere gentherapeutische Verfahren gilt.
Die Huntington-Krankheit ist eine autosomal-dominant vererbte Erkrankung mit einer Penetranz von 100 Prozent. Das heißt, jeder Patient, der auch nur eine Kopie eines mutierten Huntingtin-Gens trägt erkrankt – und zwar meist im Alter zwischen 30 und 40 Jahren. Die pathologische Form des Huntingtins ist dadurch gekennzeichnet, dass das Codon CAG, das für die Aminosäure Glutamin codiert, in einem Genbereich stark amplifiziert ist. Statt 16 bis 20 CAG-Wiederholungen an dieser Position sind bei Betroffenen deutlich mehr Repeats vorhanden. Das mutierte Protein wird fehlerhaft gefaltet und sammelt sich so in den Nervenzellen an, die letztlich absterben. Für die Bewegungskoordination und grundlegende mentale Funktionen wichtige Gehirnbereich werden so nach und nach zerstört.,
Zu den Symptomen gehören unwillkürliche Zuckungen, Schluck- und Sprachstörungen, Gedächtnislücken, Konzentrationsschwäche, Depressionen, Angstzustände, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit und Persönlichkeitsveränderungen. Letztendlich sterben die Patienten an der Krankheit.