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ApoE3-Variante

Genmutation als Alzheimer-Schutzfaktor

Eine seltene Variante des ApoE3-Gens hat eine Frau mit der familiären Alzheimer-Form vor dem Ausbruch der Erkrankung geschützt. Nun versuchen Forscher, die physiologischen Grundlagen hierfür zu verstehen, um daraus Therapien abzuleiten.
AutorKontaktChristina Hohmann-Jeddi
Datum 05.11.2019  17:14 Uhr

Die meisten Alzheimer-Erkrankungen entwickeln sich spontan, wobei erste Symptome erst spät (in der Regel ab dem 65. Lebensjahr) auftreten. Nur ein kleiner Prozentsatz der Alzheimer-Erkrankungen ist genetisch bedingt. Für diese familiäre Alzheimer-Erkrankung können Mutationen in drei Genen verantwortlich sein: PSEN1 (Presenilin 1), PSEN2 (Presenilin 2) oder APP (Amyloid β Precursor Protein). Liegt eine solche Mutation vor, erkranken die Betroffenen nahezu immer an einer Alzheimer-Demenz, wobei erste Symptome meist schon ab dem 40. Lebensjahr auftreten.

Im Fachjournal »Nature Medicine« berichten Forscher um  Dr. Joseph Arboleda-Velasquez von der Harvard Medical School in Boston, Massachusetts, nun von dem Fall einer Kolumbianerin, die trotz einer Mutation in PSEN1-Gen bis in ihre 70er keine kognitiven Auffälligkeiten entwickelt hatte – also 30 Jahre nach dem zu erwartenden Symptombeginn. Auf diese Frau stießen die Forscher in der weltweit größten Studienkohorte zur Erforschung der familiären Alzheimer-Erkrankung. 

Um herauszufinden, warum die Frau trotz der krankmachenden Mutation keine Alzheimer-Symptome entwickelte, untersuchte das Team um Arboleda-Velasquez ihr Genom genauer. Die Forscher stellten fest, dass sie neben der PSEN1-Mutation auch eine seltene Mutation im ApoE3-Gen mit dem Namen Christchurch trug (ApoE3ch), und zwar in beiden Genkopien. Die Forscher vermuten, dass diese homozygote Mutation für die Alzheimer-Resistenz der Frau verantwortlich ist. Denn ApoE ist ein bekanntes Gen, das das Risiko für die nicht familiäre Alzheimer-Form beeinflusst. Es kommt in verschiedenen Varianten vor. Während das ApoE3-Allel in Bezug auf das Erkrankungsrisiko neutral ist, verringert ApoE2 das Alzheimerrisiko und ApoE4 erhöht es. 

ApoE kodiert für Apolipoprotein E, das für den Fettstoffwechsel essenziell ist. Die Mutation Christchurch befindet sich in der Bindestelle des Proteins für den Low Density Lipoprotein (LDL)-Rezeptor und führt zu einer Hyperlipoproteinämie bei ihrem Träger. Auch bei der in der Publikation beschriebenen Kolumbianerin lag eine Dyslipidämie vor, weswegen sie Atorvastatin erhielt.

Hohe Amyloid-Last

Um zu sehen, an welcher Stelle die ApoE3ch-Mutation die Alzheimerpathogenese beeinflusst, untersuchten die Forscher das Gehirn der Frau mit speziellen Bildgebungsverfahren. Diese zeigten, dass die Frau eine ausgesprochen hohe Last von β-Amyloid (Aβ) im Gehirn aufwies. Dafür waren nur eine geringe Menge an τ-Fibrillen und eine schwach ausgeprägte Neurodegeneration zu erkennen. Die Forscher vermuten daher, dass die Schutzwirkung der homozygoten ApoE3ch-Mutation durch eine limitierte τ-Pathologie und Neurodegeneration bei hoher Amyloid-Last vermittelt wird. 

Wie genau dies funktioniert, ist noch unklar. Allerdings spielen nach Meinung der Forscher sogenannte Heparan-Sulfat-Proteoglykane (HSPG) eine Rolle. Denn die Mutation in der Bindestelle von ApoE schwächt nicht nur die Bindung an den LDL-Rezeptor, sondern auch die an HSPG. Diese sind früheren Studien zufolge an der Aβ-Aggregation und der Aufnahme von extrazellulären τ-Molekülen in Nervenzellen beteiligt, wofür anscheinend die Bindung an ApoE nötig zu sein scheint, schreiben die Forscher. Die ApoE3ch-Variante zeigte in In-vitro-Untersuchungen die geringste Affinität zu HSPG im Vergleich zu ApoE2, ApoE3 und ApoE4, wobei letzteres die höchste Affinität besaß.

In einer weiteren Untersuchung konnten die Forscher durch einen monoklonalen Antikörper, der an der genannten Bindungsstelle angreift, die Affinität des ApoE3-Protein auf die von ApoE3ch senken. Sie vermuten, dass eine künstliche Modulation der ApoE-Bindung an HSPG möglicherweise therapeutisch genutzt werden könnte. Dafür müsste sich aber erst bestätigen lassen, dass die homozygot vorliegende ApoE3ch-Mutation tatsächlich die Ursache der Alzheimer-Resistenz in diesem Fall war. Dies muss nun weiter erforscht und in Tiermodellen bestätigt werden. 

Die Studie unterstreiche aber die Bedeutung von ApoE in der Entwicklung, Behandlung und Vorbeugung von Alzheimer, so Seniorautor Professor Dr. Eric Reiman vom Banner Alzheimer Institute in einer Pressemitteilung der Harvard University. Die Forscher hoffen, dass ihre Ergebnisse der Startpunkt der Entwicklung von Therapien sind, die am Target ApoE ansetzen. 

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