Gemeinsame Kritik an der Apothekenreform |
Mathias Arnold ist Vorsitzender des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt und Kritiker der geplanten Apothekenreform. / © Katrin Pohl
Die vorliegenden Referentenentwürfe zu einer Apothekenrechtsreform sorgen für massive Kritik. Jetzt haben sich die Apothekerkammer und der Landesapothekerverband aus Sachsen-Anhalt gemeinsam zu den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) geäußert:
»Sollten die Berliner Ideen umgesetzt werden, wird ein Apothekensystem, das jahrzehntelang die sichere, verlässliche und vor allem menschliche Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln garantierte, akut gefährdet«, heißt es in der Mitteilung. »Der Entwurf greift weder die bestehenden ökonomischen Probleme der Apotheken ernsthaft auf, noch werden die im Koalitionsvertrag zugesagten Verbesserungen umgesetzt. Statt einer nachhaltigen Stärkung droht eine akute Schwächung des Systems Apotheke«, erklärt Mathias Arnold.
Der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt (LAV) fordert die Politik auf, anzuerkennen, dass Apotheken keine gewöhnlichen Handelsbetriebe sind, sondern ein unverzichtbarer Teil der Gesundheitsversorgung. »Unser Alltag ist von unvorhersehbaren Aufgaben geprägt – von plötzlichen Notfällen bis zu komplexen Beratungen. Diese Verantwortung braucht Heilberufler, die unabhängig von Kapitalinteressen und ökonomisch abgesichert ihre Aufgaben für die Menschen erfüllen können. Als die Experten für Arzneimittel stehen wir nicht nur für die Versorgung, sondern auch für die richtige Anwendung von Arzneimitteln ein«, so Arnold. Die Apotheke sei ein Ort individueller Betreuung und direkter Verantwortung – und damit kein austauschbarer Filialbetrieb.
Laut Arnold hätte die Umsetzung der Pläne politisch und juristisch gravierende Folgen. »Eine Konzentration auf wenige, große Versorger mag auf dem Papier effizient erscheinen, führt in der Praxis aber zum Abbau patientennaher Versorgung. Schon heute ist die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken angespannt. Ohne eine verbesserte Honorierung sind weder die Kernaufgaben noch die von der Politik angedachten zusätzlichen Dienstleistungen schlicht nicht leistbar.«
Dieser Entwurf lasse erheblich an der Glaubwürdigkeit der Politik zweifeln. »Die Politik hat uns im Koalitionsvertrag ein Sofortprogramm mit einer Erhöhung des Fixhonorars auf 9,50 Euro versprochen. Diese Anpassung, übrigens die erste seit zwölf Jahren, wäre mehr als überfällig und würde zumindest einen Teil der inflationär gestiegenen Kosten ausgleichen. Gern möchten wir mehr Verantwortung in einem durch demografische Veränderungen massiv gefährdeten Gesundheitssystem übernehmen, aber dazu benötigen wir auch eine Anpassung der Honorierung an die reale wirtschaftliche Lage«, erklärt Mathias Arnold.
»Wenn die Politik die Apothekenlandschaft schwächt und ausdünnt, verliert sie einen zentralen Baustein unseres Gesundheitswesens«, betont auch Jens-Andreas Münch, Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt. Die wohnortnahe, empathische und fachlich kompetente Betreuung der Bevölkerung dürfe nicht durch kurzfristige Sparlogik ersetzt werden. Eine Reform sei zwar notwendig, aber sie müsse die Apotheken stärken und nicht schwächen.
»Erneut ist die Apotheke ohne Apotheker im Gespräch. Das ist systemgefährdend. Arzneimittel sind Produkte, die den Menschen helfen, aber auch potenziell tödlich sein können. Eine falsche Einnahme, falsche Beratung oder ein unpassendes Ersatzmedikament können schlimme Folgen haben. Für die richtige Verwendung stehen die Apotheker ein. Und das muss auch so bleiben«, betont Münch. »Auch die individuellen Rezepturen sind bis zum Schluss unter der Kontrolle des Apothekers. Dieser wichtige Bereich wird durch die vorliegenden Pläne massiv infrage gestellt.« Das System Apotheke sei sicher, effizient, resilient und müsse als »menschliche und vertrauensvolle, wohnortnahe Versorgung« auch in Zukunft erhalten bleiben.
Die Apothekenreform stieß in den vergangenen Tagen auf breite Kritik von Seiten der Apothekerschaft. Erst gestern warnte der Landesapothekerverband Baden-Württemberg vor einem »Rückbau des Apothekensystems« durch die Reform. ABDA-Präsident Thomas Preis sprach angesichts der ausbleibenden Honoraranpassung von einem »Kaputtsparen« der Apotheken und kündigte »massiven politischen Widerstand« an. Auch die Ärzteschaft stört sich an den Reformplänen und kritisiert vor allem die geplanten neuen Befugnisse für Apotheken.
In der neuen Folge PZ Nachgefragt analysiert Sebastian Schwintek, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover und Experte für den deutschen Apothekenmarkt, die möglichen Folgen der Reform. Auch Schwintek kommt zu dem Schluss, dass die Maßnahmen des BMG unzureichend sind und warnt vor einem fortgesetzten Apothekensterben.