Gemeinsam gegen die Schmerzpunkte |
Cornelia Dölger |
12.09.2024 13:12 Uhr |
Auch das vor gut einem Jahr in Kraft getretene Lieferengpassgesetz (ALBVVG) stand auf der Agenda. Weil es nicht wirke, habe der Verband die Politik zum Nachbessern aufgefordert. »Die öffentlichen Apotheken können wegen massiver Lieferengpässe und unzureichender politischer Maßnahmen nicht mehr in vollem Umfang ihrem hoheitlichen Auftrag nachkommen, die Menschen in Deutschland mit Arzneimitteln zu versorgen.« Die Maßnahmen des ALBVVG wirkten nicht, so Seyfarth.
Die Versorgungssituation bei lebenswichtigen Medikamenten sei in Gefahr, die Konsequenzen für die Patientenversorgung seien »gravierend«, die Verantwortung »für diese unhaltbare Situation« liege bei der Politik.
Bereits Anfang der Woche hatte der HAV daher drei Forderungen ans BMG geschickt. Die Botschaft: »Wir fordern Sie eindringlich auf, unverzüglich zielführende Maßnahmen zu ergreifen, um die flächendeckende und kontinuierliche Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen.«
Konkret dringt der HAV auf ein »umgehendes Ende des Preisdiktats bei Rabattverträgen zwischen Herstellern und Krankenkassen«. Zudem fordere der HAV ein staatlich überwachtes System zur frühzeitigen Erkennung von Liefergenpässen sowie umfangreiche logistische und finanzielle Unterstützung bei der Bevorratung von kritischen verschreibungspflichtigen Medikamenten in den Apotheken.
Außer »Lippenbekenntnissen« habe die Politik in den vergangenen 24 Monaten kaum etwas geliefert, die Lage verschärfe sich zusehends. Auf Basis ihrer Expertise habe die hessische Apothekerschaft daher die Forderungen formuliert. Sie lauten:
Rückmeldung aus dem BMG gibt es bislang noch nicht.
Zur Entwicklung der HAV-Einnahmen durch die Beteiligung am ARZ Darmstadt musste Wirtschaftsprüfer Harald Reinhart von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Schüllermann und Partner einen Abwärtstrend verkünden. Die Ausschüttung habe sich gegenüber 2022 deutlich vermindert. Damals lag sie bei 832.000 Euro. Im vergangenen Jahr waren es 313.000 Euro.
Der Verband hält über eine Tochtergesellschaft 42,1 Prozent an dem Rechenzentrum. Als »Fußfessel« bezeichnete Seyfarth in diesem Zusammenhang einen mit dem ARZ zusammenhängenden Softwareanbieter. »Wir müssen uns überlegen, was wir mit der Software machen. Im Moment ist es ein Verlust und kostet Geld.«
Auslaufen wird zum Ende des Jahres die solidarische Finanzierung der Gedisa, die sich ab 2025 selbst tragen soll. Am Gemeinschaftsprojekt der Apothekerverbände halten die Hessen 7,8 Prozent. Die erste Tranche von 200.000 Euro für 2022 hatte der HAV aus eigenen Mitteln gestemmt. Für 2023 und 2024 zahlen die Mitglieder jeweils 600 Euro als Sonderzulage, die letztmalig im November eingezogen wird.
Der Abwärtstrend bei Apotheken in Hessen hält an. Wie HAV-Geschäftsführerin Berit Gritza verkünden musste, lag die Zahl 2023 bei 1350 Betrieben, ein Jahr zuvor waren es noch 1389. Vor zehn Jahren gab es sogar noch 1569 Offizinen. Effekte auf die Mitgliedsbeiträge soll der Verlust nicht haben: Die Beiträge bleiben stabil.
Auch beim Betriebsergebnis ist laut Gritza mit einem Rückgang zu rechnen. Für die durchschnittliche Apotheke ergebe sich für 2024 ein Minus von mehr als 15.000 Euro, auf einen Wert von unter 135.000 Euro. Für kleinere Apotheken werde es deutlich kritischer, bis hin zum »Risiko der Perspektivlosigkeit«.