Geheimnisse des Außenohres gelüftet |
Theo Dingermann |
15.01.2025 18:00 Uhr |
Demgegenüber decken die Autoren des Nature-Papers mit dem Erstautor Dr. Mathi Thiruppathy von der University of Southern California (USC) Keck School of Medicine in Los Angeles eine zweite, erstaunliche Besonderheit des Außenohrs der Säugetiere auf. Sie beantworten die bisher offene Frage nach dem phylogenetischen Ursprung des Außenohrs, das nur bei Säugern vorkommt. Mit ihrer Arbeit beweisen die Forschenden, dass dieses Gewebe nicht etwa im Rahmen der Evolution hin zu den Säugetieren neu erfunden wurde, sondern dass eine Vorlage weiterentwickelt wurde.
Aus evolutionärer und funktioneller Sicht entwickelten sich Fischkiemen und die Außenohren der Säuger parallel. Dies zeigen die Forschenden durch den Nachweis konservierter regulatorischer Mechanismen, die die Entwicklung dieser anatomischen Strukturen steuern und die teilweise funktionell austauschbar sind.
Damit ist nun klar, dass die Entwicklung von Fischkiemen und menschlichen Ohren aus einem gemeinsamen evolutionären Programm hervorgehen. Die Entwicklung könnte auch parallel, also durch Konvergenz, erfolgt sein, indem das sogenannte ancestrale Kiemen-Programm der Urfische (ancestral gill program) wiederholt in unterschiedlichen Spezies benutzt wurde. Die Forschenden gehen davon aus, dass der elastische Kiemenknorpel möglicherweise noch früher entstanden ist. Es könnte von knorpelähnlichem Gewebe in den Kiemen und Tentakeln verschiedener wirbelloser Meerestiere, darunter auch Pfeilschwanzkrebse, abstammen. »Unsere Ohren sind möglicherweise das evolutionäre Überbleibsel des ersten existierenden Knorpels«, sagt Seniorautor Professor Dr. Gage Crump in einer Mitteilung der USC.
Der Paläontologe und Wirbeltierbiologe an der Yale University, Professor Dr. Bhart-Anjan Bhullar, äußert sich begeistert über die neuen Erkenntnisse und sagt gegenüber »Science«, dass mit diesen beiden Arbeiten ein neues Kapitel mit wichtigen Einblicken zum Verständnis der Geschichte der Tiere neu geschrieben wurde.