Gegenwind für Friedrich Merz |
Lukas Brockfeld |
22.07.2025 16:10 Uhr |
Bundeskanzler Friedrich Merz stellte sich am Freitag den Fragen der Hauptstadtpresse. / © Imago/IPON
Die desolate finanzielle Lage der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sorgt seit Monaten für Diskussionen. Das Bundesgesundheitsministerium geht laut einer Recherche der »Bild« davon aus, dass den Krankenkassen schon im nächsten Jahr vier Milliarden Euro fehlen könnten. Doch bisher hat die Bundesregierung keine konkreten Pläne zur Reform des Gesundheitswesens vorgestellt. Im ARD-Sommerinterview erklärte Bundeskanzler Friedrich Merz, dass die Grenze zwischen Eigenverantwortung und Solidarität neu gezogen werden müsse.
Am Freitag legte der Kanzler auf der Sommer-Pressekonferenz noch einmal nach: »Die Bevölkerung muss wissen, dass für Altersversorgung, Vorsorge für die eigene Gesundheit, Gesundheitsversorgung und Pflegebedürftigkeit im Alter, höhere Anstrengungen von uns allen unternommen werden müssen«, so Merz. Die Gesellschaft stehe vor einer Kraftanstrengung, die nicht allein mit mehr Geld vom Staat zu bewältigen sei. Die Zeit dränge, daher wolle seine Regierung schon im Herbst die Weichen für erste Reformen stellen. Er wolle noch in dieser Legislaturperiode eine Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge erreichen.
Von der gerade von der SPD immer wieder vorgebrachten Idee, dass mehr Menschen in die GKV einzahlen sollten, distanzierte sich der Kanzler allerdings. Die Private Krankenversicherung leiste einen weit überproportionalen Beitrag für das Gesundheitssystem. »Wenn Sie den Mercedes verbieten, wird der Golf teurer«, so Merz.
Die Aussagen des Kanzlers haben viele Reaktionen ausgelöst und die Debatte um mögliche Reformen weiter angefacht. Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK, widersprach Merz Ansichten zur möglichen Verbreiterung der GKV-Mitgliederbasis. »Zahlen mehr Menschen, insbesondere die sehr gutverdienenden, freiwillig privat Versicherten, Abgeordnete und Beamte in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein, dann sinken die Beiträge für alle. Im Solidarsystem gilt: Wenn wir den Mercedes für Reiche verbieten, wird der Golf für alle günstiger«, so Bentele.
Um die GKV-Finanzen langfristig zu stabilisieren, müssen laut dem VdK verschiedene Maßnahmen umgesetzt werden: Es brauche ein Ausgabenmoratorium für den ambulanten, stationären und den Arzneimittelbereich. Zudem müsse die Beitragsbemessungsgrenze deutlich angehoben werden. Gesamtgesellschaftliche Aufgaben sollten durch ein gerechtes Steuersystem und nicht durch die Beitragssätze finanziert werden. »Das Ziel muss eine einheitliche und solidarische Krankenversicherung für alle sein«, so Verena Bentele.