Pharmazeutische Zeitung online
Ototoxische Arzneistoffe

Gefahr für Gehör und Gleichgewicht

Zahlreiche Arzneistoffe können reversibel oder irreversibel das Hörvermögen beeinträchtigen bis hin zu dessen vollständigem Verlust. Der Mechanismus für die Ototoxizität ist bisher weitgehend ungeklärt.
Kerstin A. Gräfe
24.02.2020  12:00 Uhr

Als ototoxisch bezeichnet man Xenobiotika, die am Ohr toxisch wirken und dadurch das Gehör und / oder den Gleichgewichtssinn schädigen. Betroffen davon ist der im Innenohr sitzende Nervus vestibulocochlearis. Entsprechend des Ortes der Schädigung unterscheidet man zwischen Cochleotoxizität (Schädigung der Hörschnecke) und Vestibulotoxizität (Beeinträchtigung des Gleichgewichtssinns).

Dabei kann die Schädigung reversibel wie bei den Schleifendiuretika oder irreversibel wie bei den Aminoglykosiden sein. Zur Toxizität Letzterer werden derzeit diverse Mechanismen diskutiert, die Professor Dr. Ulrike Holzgrabe von der Universität Würzburg und Krankenhausapothekerin Edith Bennack vom St.-Elisabeth-Krankenhaus in Köln unter anderem in einem Beitrag der DPhG-Mitgliederzeitschrift »Pharmakon« 1/2020 vorstellen.

Aminoglykoside werden aus dem Magen-Darm-Trakt nicht resorbiert und müssen parenteral appliziert werden. Nach Verabreichung verteilen sie sich im Extrazellulärraum. Höhere intra­zelluläre Konzentrationen findet man nur im proximalen Tubulus der Niere und im Innenohr, also in den Organen, auf die sie toxisch wirken.

Zahlreiche Hypothesen

Im Innenohr werden sie durch aktive Endozytose aus der Endolymphe in die Haarzellen aufgenommen. Diskutiert wird auch die Aufnahme durch Ionenkanäle oder Transportsysteme. Die basischen Aminoglykoside reichern sich im Golgiapparat, den Lysosomen und im endoplasmatischen Retikulum an. Da sie in diesen Organellen aufgrund des dort vorherrschenden pH-Werts positiv geladen vorliegen, können sie die lipophilen Membranen nicht mehr passieren. Demzufolge eliminieren Aminoglykoside nur sehr langsam aus dem inneren Ohr. Nach einer Einzel­dosis beträgt die Halbwertszeit 10 bis 13 Tage, nach mehrfachen Applikationen bis zu 30 Tage.

Zur Ototoxizität von Aminoglykosiden gibt es zahlreiche Hypothesen. Sie reichen vom Platzen der mit Aminoglykosiden übervollen Lysosomen durch den osmotischen Druck über ­reaktive Sauerstoffspecies (ROS), die Kinasen aktivieren, das Caspase-Signalling beeinflussen und damit Apoptose verursachen, bis hin zur Beeinflussung der Proteinbiosynthese in den Mitochon­drien, die dann ihrer Funktion nicht mehr nachkommen können.

Die einzelnen Aminoglykoside schädigen Cochlea- und Vestibularapparat unterschiedlich. Während Strepto­mycin, Gentamicin und Sisomicin eher vestibulartoxisch sind, wirken Kana­mycin, Neomycin und Amicacin eher cochleotoxisch. In jedem Fall ist die Gehörschädigung irreversibel.

Ein Lichtblick könnte das sogenannte Next-Generation-Aminoglykosid-Antibiotikum Plazomicin sein, für das bisher keine Ototoxizität berichtet wurde. Plazomicin wurde kürzlich in den USA unter dem Handelsnamen Zemdri® zur Behandlung komplizierter Harnwegsinfekte zugelassen. Für den europäischen Markt steht die Zulassung noch aus.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa