Gefäßsport ist effektiv, wird aber selten praktiziert |
Auch wenn es anstrengend und womöglich schmerzhaft ist: Gehen ist laut der DGG eine der effektivsten Therapien bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit. / Foto: Adobe Stock/Parilov
Die PAVK gelte als Volkskrankheit: Rund jede vierte Person über 65 Jahren leide schätzungsweise an den arteriosklerotischen Veränderungen, die je nach Erkrankungsstadium zur Verengung oder gar zum Verschluss von Blutgefäßen führen, informiert die Fachgesellschaft. »Weil hiervon meist die Blutgefäße der Beine betroffen sind, können die Patientinnen und Patienten oft nur kurze Strecken zu Fuß zurücklegen, ohne dass die mit Blut unterversorgten Muskeln zu schmerzen beginnen und eine Pause erzwingen – diese häufigen Pausen haben der PAVK im Volksmund den Namen Schaufensterkrankheit eingetragen«, heißt es weiter. Zu den Hauptrisikofaktoren gehören Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck und ungünstige Blutfettwerte.
Strukturierter Gefäßsport könne dazu beitragen, dass die Strecke, die Patienten schmerzfrei zurücklegen können, sich wieder verlängert, und dass die Lebensqualität zunimmt. »In einer Vielzahl von Studien hat sich gezeigt, dass dieser Effekt sogar größer sein kann als der einer invasiven Revaskularisierung, bei der die Blutversorgung in den Beinen durch eine Operation oder durch die minimal invasive Aufdehnung des verengten Gefäßes wiederhergestellt wird«, schildert Dr. Dmitriy Dovzhanskiy, Gefäßchirurg am Universitätsklinikum Heidelberg. »Das Gehtraining gilt daher als eine der wichtigsten Säulen der PAVK-Therapie«, betont er.
Dennoch nehme die große Mehrheit der Patienten nicht an den entsprechenden Bewegungsangeboten teil: Laut DGG gaben von 235 stationär aufgenommenen PAVK-Patientinnen und -Patienten im Rahmen der Umfrage nur 11,4 Prozent an, jemals zum Gefäßsport oder zum Gehtraining gegangen zu sein. »Eine verpasste Therapie-Chance«, bedauert Dovzhanskiy.
Obwohl fast zwei Drittel der Befragten gewusst hätten, dass angeleiteter Gefäßsport die schmerzfreie Gehstrecke verbessern kann, hätten sie sich mehrheitlich nicht gut genug informiert gefühlt, berichtet die DGG. Nur 35,6 Prozent hätten angegeben, in der Klinik ausreichend über die Notwendigkeit oder die Vorteile eines Gehtrainings aufgeklärt worden zu sein, in der hausärztlichen Praxis sei dies sogar nur bei 25,8 Prozent erfolgt. »Besonders groß war das Informationsdefizit im Hinblick auf Trainingsangebote in Wohnortnähe«, berichtet Dovzhanskiy.
Einen möglichen Grund hierfür zeigt laut DGG eine zweite, parallel durchgeführte Umfrage, in der sich die DGG-Experten an die Mitglieder ihrer eigenen Fachgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA) wandten. »Hier zeigte sich, dass auch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte oft keinen Überblick über die lokale Versorgungssituation haben«, schildert Privatdozent Dr. Christian-Alexander Behrendt, Chefarzt für Gefäßchirurgie an der Asklepios Klinik Wandsbek in Hamburg. »Nur ein gutes Drittel der Befragten kann ein strukturiertes Gehtrainingsangebot vor Ort sowie eine Ansprechperson nennen«, ergänzt der Studienleiter.
56 Prozent hätten zudem keine nützlichen Informationen darüber vermitteln können, wie die Betroffenen ein solches Training ausfindig machen können. Gleichwohl gaben laut DGG 90 Prozent der teilnehmenden Ärzte an, ihren Patienten ein solches Training zu empfehlen. »Diese Botschaft kommt aber offenbar nicht an«, konstatiert Behrendt. »Wir verpassen eine große Chance in der Arzt-Patienten-Kommunikation.« Als Grund für ein mögliches Kommunikationsdefizit sei in der Studie unter anderem der Zeitmangel im klinischen Alltag genannt worden.
Doch nicht nur bei der Information, auch beim Angebot selbst hapere es. Der DGG zufolge soll zwar allen Patienten mit einer PAVK, die noch mobil genug sind, ein angeleitetes Gefäßtraining angeboten werden. »Ein flächendeckendes Angebot solcher Trainingsgruppen ist in Deutschland jedoch nicht verfügbar«, schreibt die DGG-Kommission PAVK und Diabetischer Fuß, der auch Behrendt und Dovzhanskiy angehören, in einem Beitrag in der Fachzeitschrift Gefäßchirurgie.
Die DGG appelliert daher dringend an ihre Mitglieder, an der Etablierung solcher Sportgruppen mitzuwirken.