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Automatische Substitution

G-BA regelt Austausch von Biologika in Apotheken

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Austauschbarkeit bei ärztlich verordneten Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln mit biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen in Apotheken geregelt. Aus Sicht der Pharmaverbände ist die automatische Substitution von Biopharmazeutika gefährlich.
Melanie Höhn
16.06.2023  16:30 Uhr

Biotechnologisch hergestellte Arzneimittel (Biologika) spielen bei der Behandlung von Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis oder in der Krebstherapie eine immer wichtigere Rolle – nicht nur medizinisch, sondern auch hinsichtlich der Kostenanteile bei den Arzneimittelausgaben. In Verbindung mit der zunehmenden Verfügbarkeit von in der Regel preisgünstigeren Nachahmerpräparaten (Biosimilars) beauftragte der Gesetzgeber den Gemeinsamen Bundesausschuss (G­-BA), Hinweise zu einer möglichen Austauschbarkeit von biologischen Referenzarzneimitteln durch deren im Wesentlichen gleiche Biosimilars zu geben.

Laut einer gestern veröffentlichten Mitteilung des G-BA sollen die Apotheken für die Herstellung von parenteralen Zubereitungen mit biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln wirkstoffbezogen ein preisgünstiges Produkt auswählen. »Steht ein Arzneimittel mit Rabattvertrag der Krankenkasse der oder des Versicherten zur Verfügung, ist damit die Wirtschaftlichkeit sichergestellt und ein weiterer Kostenvergleich ist dann nicht notwendig«, heißt es in der Mitteilung. 

Übereinstimmung in denselben Applikationsarten

Wesentliche Voraussetzung für den Austausch gegen ein preisgünstiges Produkt sei, dass das ärztlich verordnete mit dem von der Apotheke verarbeiteten Fertigarzneimittel mindestens in denselben Applikationsarten übereinstimme. Zudem sei eine Übereinstimmung mindestens für die Anwendungsgebiete des verordneten Fertigarzneimittels notwendig. Eine Ersetzung könne grundsätzlich im Verhältnis eines Referenzarzneimittels zu seinen Biosimilars sowie zwischen Biosimilars untereinander erfolgen, sofern diese mit Bezug auf dasselbe Referenzarzneimittel zugelassen sind.

Die Anlage VIIa der Arzneimittel-Richtlinie diene dabei den Apotheken als eine Grundlage zur Austauschentscheidung. Diese bestehe bereits seit März 2022 und werde von Seiten des G-BA fortlaufend aktualisiert.

Regelungen frühestens im Oktober 2023 in Kraft

Wenn die Ärztin oder der Arzt einen Austausch des verordneten Biologikums aus medizinisch-therapeutischen Gründen ausgeschlossen habe, entfalle die Pflicht der Apotheke für einen Austausch. Zudem könne die Apotheke unter Würdigung patientenindividueller Aspekte von einer Ersetzung absehen. Das wäre beispielsweise bei entsprechender Kenntnis der Apotheke von in der Vergangenheit aufgetretenen Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten oder Allergien der oder des Versicherten denkbar, teilt der G-BA mit.

Der Beschluss zur Ergänzung eines neuen § 40b in Abschnitt M der Arzneimittel-Richtlinie wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Prüfung vorgelegt. Vorbehaltlich der Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger treten die Regelungen dann frühestens im Oktober 2023 in Kraft.

Verbände warnen vor automatischer Substitution

Die automatische Substitution von Biopharmazeutika ist aus Sicht des Bundesverbands der Arzneimittel-Hersteller (BAH), des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), der AG Pro Biosimilars und des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) gefährlich, wie die Verbände in einer gemeinsamen Mitteilung bekräftigten. Sie warnen vor den negativen Folgen für den derzeit noch robusten Biotech-Produktionsstandort Europa und für die Versorgungssicherheit. Die Politik dürfe nicht den gleichen Fehler wie bei den Generika machen und durch ungehemmte Kostendämpfung im GKV-System die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Hersteller gefährden. Der funktionierende Biopharmazeutika-Standort Deutschland und Europa müsse vielmehr gesichert werden.

Es gebe viele gute Gründe gegen die Substitution von Biopharmazeutika, heißt es seitens der Verbände. Weil parenteral zu applizierende Arzneimittel in der Regel besonders sensiblen Patientengruppen mit chronischen und onkologischen Erkrankungen verordnet würden, müsse die Patientensicherheit grundsätzlich an erster Stelle stehen. Es gebe jedoch auch mit Blick auf eine stabile GKV-Finanzierung keinen Grund zum automatischen Austausch: »Der Biosimilar-Markt funktioniert, der Wettbewerb ist im vollen Gange«, heißt es in der Mitteilung weiter. »Nicht nur erreichen die meisten Nachahmerprodukte Verordnungsquoten von 70 bis gar über 90 Prozent. Mit 2021 gesetzlich verankerten Hinweisen zur wirtschaftlichen Verordnung von Biopharmazeutika für Ärztinnen und Ärzte ist bereits hinreichend dafür gesorgt, dass Biopharmazeutika wirtschaftlich verordnet und sicher angewendet werden«. 

Verbände fordern Streichung des Auftrages an den G-BA

Dennoch sei der G-BA im GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) beauftragt worden, zunächst Hinweise zur automatischen Substitution (auf Ebene der Apotheken) bei parenteralen Biopharmazeutika-Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung bis zum Sommer dieses Jahres zu erarbeiten. »Dabei wirkt bereits die Dynamik der Hilfstaxe kostendämpfend, denn seit dem 1. September 2022 müssen Biosimilar-Unternehmen den Krankenkassen für Biosimilars, die in parenteralen Zubereitungen verwendet werden, bis zu fast 68 Prozent Rabatt gewähren«, so die Verbände. Daraus ergäben sich hochgerechnet Einsparungen von mehr als 500 Millionen Euro pro Jahr, die durch Biosimilars aufgrund dieser neuen Regelung allein im niedergelassenen Bereich erreicht würden. »Diese Instrumente heben umfassend das Einsparpotenzial der Biopharmazeutika«, heißt es weiter. 

Eine doppelte Steuerung durch eine automatische Substitution in der Apotheke, infolgederer die Krankenkassen mit einzelnen Herstellern exklusive Rabattverträge abschließen und so noch höhere Preisnachlässe erwirken können sollen, sei überflüssig und berge die »Gefahr eines ruinösen Wettbewerbs, der bereits bei Generika zur Abwanderung der Produktion und Lieferengpässen geführt hat«. Die Verbände fordern den Gesetzgeber auf, im Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) eine Streichung des Auftrages an den G-BA vorzunehmen oder zumindest klarzustellen, »dass es nach diesem Schritt mit den Hinweisen für den Austausch von parenteralen Biopharmazeutika-Zubereitungen zur unmittelbaren ärztlichen Anwendung zu keinen weiteren Schritten in Richtung einer vollumfänglichen automatischen Substitution in der Apotheke kommt«. 

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