| Lukas Brockfeld |
| 05.12.2025 12:50 Uhr |
Der Sitz des G-BA in Berlin. / © G-BA/Svea Pietschmann
Über den automatischen Austausch von Biologika durch in der Regel preisgünstigere Nachahmerpräparate (Biosimilars) wird seit Monaten gestritten. Vertreterinnen und Vertreter Pharmaindustrie warnen vor einem ruinösen Preiswettbewerb, der zum Verlust der deutschen Produktionskapazitäten führen könnte. Befürworter des Austauschs verweisen dagegen auf die möglichen Einsparungen und die ohnehin prekäre finanzielle Situation der Gesetzlichen Krankenversicherung.
Jetzt hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), der mit Vertretern der Ärzteschaft und der Krankenkassen besetzt ist, beschlossen, unter welchen Voraussetzungen Apotheken ärztlich verordnete Biologika durch Biosimilars ersetzen können.
Beim Ersetzen eines ärztlich verordneten Biologikums durch ein preisgünstigeres Produkt ist durch Apotheken gemäß § 40c (neu) Arzneimittel-RL Folgendes künftig folgendes zu prüfen:
Als Informationsquelle für die Abgabeentscheidungen können die Apotheken – neben der Apothekensoftware beziehungsweise den Preis- und Verzeichnisdiensten – die Anlage VIIa der Arzneimittel-Richtlinie nutzen. Wenn die Ärztin oder der Arzt einen Austausch des verordneten Biologikums aus medizinisch-therapeutischen Gründen auf der Verordnung ausgeschlossen hat, soll die Pflicht der Apotheke für einen Austausch entfallen.
Zudem kann die Apotheke künftig unter Würdigung patientenindividueller Aspekte von einer Ersetzung absehen. Das wäre laut dem G-BA beispielsweise bei entsprechender Kenntnis der Apotheke von in der Vergangenheit aufgetretenen Nebenwirkungen, Unverträglichkeiten oder Allergien der oder des Versicherten denkbar.
Der Beschluss des G-BA wird nun dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt. Vorbehaltlich der Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger treten die Regelungen dann frühestens im April 2026 in Kraft.
Die Pharmaindustrie, die schon lange vor dem Austausch von Biologika warnt, reagiert mit scharfer Kritik auf den Beschluss des G-BA. »Mit der heutigen Entscheidung des G-BA droht das deutsche Gesundheitssystem einen schweren Fehler zu wiederholen«, warnt Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin bei Pharma Deutschland. »Mit dem Argument, Kostensenkungen bei der medizinischen Versorgung erreichen zu wollen, wird ein Prozess in Gang gesetzt, der bei den Generika bereits zu einem handfesten Versorgungsproblem geführt hat. Dass diese Situation die Resilienz der Arzneimittelversorgung schwächt, zeigen die zahlreichen Lieferengpässe.«
Der Pharmaverband warnt, dass die Substitution im Generikabereich schon in der Vergangenheit zu Lieferengpässen und der Abwanderung von Produktionskapazitäten geführt hätten. Heute sei es sehr kostenintensiv, diese Probleme zu beheben. »Nach dem Generikabereich wird die Versorgungssicherheit einer weiteren wichtige Wirkstoffsparte zu einem zu hohen Maß von der geopolitischen Großwetterlage abhängig gemacht«, so Dorothee Brakmann.
Die Neuregelung der Biosimilars-Anwendung dürfe weder Versorgungssicherheit gefährden noch Apotheken mit übermäßigem Beratungsaufwand belasten. »Stattdessen brauchen wir resiliente, diversifizierte Lieferketten für eine stabile Patientenversorgung. Kostendämpfung und Resilienz stehen nur dann im Widerspruch, wenn ausschließlich kurzfristige Einsparungen im Fokus stehen. Eine strategische Perspektive erkennt dagegen Resilienz als Kostenstabilisator und wichtigen Wettbewerbsfaktor«, sagt die Hauptgeschäftsführerin bei Pharma Deutschland. Das Bundesministerium solle daher den G-BA-Beschluss prüfen und dabei eine strategisch resiliente Ausrichtung im Blick behalten.