Für 16,8 Prozent sind Apotheken die Bezugsquelle |
Eineinhalb Jahre nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis in Deutschland sind Effekte auf die Beschaffung am Schwarzmarkt nach einer ersten Auswertung noch begrenzt. / © Getty Images/juanma hache
Eineinhalb Jahre nach der teilweisen Legalisierung von Cannabis in Deutschland sind Effekte auf die Beschaffung am Schwarzmarkt nach einer ersten Auswertung noch begrenzt. Es zeichne sich ab, dass die jetzt erlaubten Anbauvereinigungen »für die vom Gesetzgeber beabsichtigte Verdrängung des Schwarzmarktes bislang keinen relevanten Beitrag leisten«, heißt es in einem in Berlin vorgestellten Bericht von Forschern der Universitätskliniken Hamburg-Eppendorf und Düsseldorf und des Instituts für Kriminologie der Uni Tübingen.
Die noch von der Ampel-Koalition umgesetzte teilweise Legalisierung lässt seit 1. April 2024 das Kiffen und den Anbau von Cannabis für Volljährige mit zahlreichen Beschränkungen zu. Die Überprüfung von Auswirkungen war schon im damaligen Gesetz festgelegt worden. Im Blick standen nun zunächst Folgen für den Kinder- und Jugendschutz sowie die jetzt zulässigen Besitzmengen.
Robuste Aussagen zu den Auswirkungen des Gesetzes könnten noch nicht abgeleitet werden, heißt es in dem Bericht. »Die vorliegenden Ergebnisse lassen bis jetzt keinen dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf die untersuchten Bereiche erkennen.« Weitere Berichte sind vorgesehen.
Dem Bericht zufolge seien in den zwölf Monaten nach Inkrafttreten der Gesetze etwa ein Achtel (12 bis 14 Prozent) des Gesamtbedarfs an Cannabis durch Medizinalcannabis gedeckt worden. Die Produktion in Anbauvereinigungen machte im Jahr 2024 dagegen weniger als 0,1 Prozent des Gesamtbedarfs aus, wobei im April 2025 maximal 2 Prozent der erwachsenen Konsumierenden Mitglied in einer Anbauvereinigung sein konnten. Die Marktanteile für die Produktion aus privatem Eigenanbau und illegalen Quellen konnten bisher nicht quantifiziert werden.
Sogenannter »social supply«, also die Weitergabe von Cannabis im sozialen Umfeld, nimmt eine zentrale Rolle ein. »Während diese Form der Abgabe nach wie vor illegal ist, kann das auf diese Weise verbreitete Cannabis ursprünglich sowohl aus illegalen als auch aus legalen Quellen stammen«, so der Bericht. Der Bezug von Konsumcannabis aus dem privaten Eigenanbau sowie von Medizinalcannabis aus Apotheken scheint ebenfalls häufig zu sein, so der Bericht, wobei auch weiterhin der Schwarzmarkt eine Rolle spielt. »Über Onlineplattformen wie »Dr. Ansay«, »DoctorABC« und »MedCanOneStop« ist es sogar möglich, gezielt bestimmte Cannabissorten auszuwählen.« Nur wenige Konsumierende besorgen sich Cannabis im Straßenhandel. Genaue Marktanteile können für die Bezugsquellen nicht angegeben werden.
»Auffällig ist außerdem ein relevanter Anteil von Personen, die ihr Cannabis zumindest hin und wieder von Apotheken beziehen. Wie viele dieser Personen das Cannabis, das sie aus diesen Quellen beziehen, ausschließlich zu medizinischen Zwecken verwenden, erfordert sorgfältige Auswertungen, die zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorliegen«, heißt es dazu in dem Bericht.
Eine Tabelle im Bericht zeigt, wie viele Konsumierende welche Bezugsquellen mindestens einmal genutzt haben. Dabei konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mehrere Angaben machen. Demzufolge haben 16,8 Prozent der Befragten eine Apotheke genutzt. Konkret wurde nach »Apotheke (auch Online-Apotheke)« gefragt. Hier sind die anderen Angaben:
• 35,3 Prozent Freunde und Bekannte
• 21 Prozent eigener Eigenanbau
• 17 Prozent Eigenanbau von einer bekannten Person
• 16,7 Prozent Onlinehandel oder Social Media
• 11,2 Prozent Kein Besitz, nur Konsum mit anderen
• 9,1 Prozent Unbekannte Personen (Straße/Club/Festival)
• 8,9 Prozent Anbauvereinigung
• 1,4 Prozent Sonstige
Bei einer zweiten Tabelle, in der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur eine Angabe machen konnten, wurden Apotheken von 3,7 Prozent der Befragten als Bezugsquelle genannt, während die Hälfte der Befragten angab, ihr Cannabis von Freunden und Bekannten zu beziehen.
Auf den Jugendschutz hat die Legalisierung der Ausarbeitung zufolge aber keine negative Wirkung. Der Cannabiskonsum bei Jugendlichen geht den Zahlen nach seit 2019 zurück. Auch bei Erwachsenen konnten die Forscher durch die Legalisierung keine Trendbrüche beobachten. Der seit 2011 zu beobachtende Anstieg des Konsums in dieser Gruppe setze sich ohne sprunghaften Anstieg fort. Auch das in elf Städten untersuchte Abwasser bestätige das.
Die Forscher merken allerdings an, dass viele Reglementierungen des Legalisierungsgesetzes nicht kontrollierbar seien – etwa die Zahl der privat auf Balkonen angebauten Pflanzen und die geerntete Menge Cannabis.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) sieht angesichts der ersten Auswertungsergebnisse zur Legalisierung von Cannabis politischen Diskussionsbedarf. »Die Zwischenevaluation des Cannabisgesetzes zeigt trotz der teilweise noch fehlenden weiteren Datengrundlage bedenkliche Tendenzen«, sagte die CDU-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. Ein Anstieg von Gesundheitsstörungen aufgrund von Cannabiskonsum und auch beim Gehalt des berauschenden Wirkstoffes THC sei besorgniserregend.
Deutliche Kritik werde von Sicherheitsbehörden an viel zu hohen Besitzmengen von 25 Gramm sowie an unpraktikablen und kaum zu kontrollierenden Abstandsregelungen geäußert. »Diese Kritik können wir als Politik nicht einfach ignorieren«, sagte Warken. »Wir werden zusammen mit den Koalitionsfraktionen und den Sicherheitsbehörden möglichen Handlungsbedarf erörtern müssen.«
Auch Thüringens Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) forderte heute erneut die Abschaffung des Gesetzes. In den Zeitungen der Mediengruppe Bayern kritisierte er das Gesetz als den »absolut falschen Weg«. »Wir tun nicht gut daran, das Gesetz nun im Mikro-Management besser zu machen«, so Voigt. Vielmehr solle ernsthaft die Frage gestellt werden, »ob dieses Cannabis-Gesetz überhaupt sinnvoll ist für Deutschland«.