Früh- und Echtzeitmarker für die Alzheimer-Pathologie |
Theo Dingermann |
26.08.2025 16:20 Uhr |
Schon bevor sich Tau-Fibrillen im Gehirn bilden, fällt ein exponenzieller Anstieg von phosphoryliertem τ217 auf. / © Getty Images/Rosa Fernandez Rz
Im Rahmen einer multizentrischen, diagnostisch-prognostischen Längsschnittstudie stellten Forschende um Dr. Philip S. Insel vom Department of Psychiatry and Behavioral Sciences der University of California in San Francisco die Frage, inwieweit der kürzlich beschriebene Plasma-Biomarker Phospho-Tau217 (p-tau217) und eine Tau-Positronenemissionstomographie (PET) zur Beurteilung von Krankheitsmodifikationen im Stadium der präklinischen Alzheimer-Erkrankung (AD) eingesetzt werden können. Die Ergebnisse dieser Studie, die auch als unabhängige Bestätigung von p-tau217 gewertet werden kann, veröffentlichte das Team im Fachjournal »JAMA Neurology«.
Basierend auf Daten der Anti-Amyloid Treatment in Asymptomatic Alzheimer’s Disease (A4)-Studie und deren Begleitstudie LEARN (Longitudinal Evaluation of Amyloid Risk and Neurodegeneration) analysierten die Forschenden die zeitgleichen Veränderungen von Tau-Biomarkern und kognitiven Parametern über einen Follow-up-Zeitraum von bis zu acht Jahren.
Die Studienpopulation umfasst insgesamt 1707 ältere, kognitiv unauffällige Probanden im Alter von 65 bis 85 Jahren, davon 1169 Amyloid-positive Patienten (Aβ+; mittleres Alter 71,5 Jahre, 60 Prozent weiblich). Die Amyloid-Positivität wurde durch eine PET-Analyse bestimmt. Die kognitive Entwicklung erfassten die Forschenden über den Preclinical Alzheimer Cognitive Composite (PACC).
Die Ergebnisse zeigen, dass bei Aβ+-Teilnehmern nach 36 Monaten die stärksten Effektgrößen für den Anstieg der Tau-PET-Werte im inferioren Temporallappen und im Gyrus fusiformis, einer Gehirnwindung der Großhirnrinde des Schläfenlappens, auftraten. Die Daten deuten auf eine exponenzielle Progression der Tau-Pathologie im präklinischen Stadium hin. Im Gegensatz dazu zeigt die Region um die Area entorhinalis (ERC) am medialen Rand der Großhirnlappen keine signifikante Beschleunigung, was auf eine mögliche Sättigung oder Plateaubildung hindeuten könnte.
Plasma-p-tau217-Werte steigen bei Aβ+-Personen ebenfalls signifikant an. Allerdings zeigen diese eine signifikante Verlangsamung im weiteren Verlauf. Diese nicht lineare Dynamik könnte auf eine frühe, Amyloid-getriebene Phosphorylierung von Tau hinweisen, die sich später verlangsamt, möglicherweise aufgrund einer Umverteilung von p-tau217 in Gewebe oder aufgrund eines Feedback-Mechanismus.
Hinsichtlich der prognostischen Aussagekraft korreliert der Baseline-Wert von Tau-PET im ERC am stärksten mit der zukünftigen kognitiven Verschlechterung, gefolgt von den Baseline-Werten von Plasma-p-tau217. Dies unterstreicht die Bedeutung beider Marker für die Rekrutierung von Hochrisikopersonen in Präventionsstudien.
Interessanterweise ist die zeitgleiche Veränderung von Plasma-p-tau217 jedoch nicht oder bestenfalls nur moderat mit der kognitiven Veränderung assoziiert, was auf eine längere Latenz zwischen der p-tau217-Dynamik und der kognitiven Manifestation hindeutet.
Im Gegensatz dazu korrelieren die zeitgleichen Veränderungen beim Tau-PET, insbesondere in frontoparietalen Regionen, stark mit der kognitiven Entwicklung. Diese Befunde legen nahe, dass Tau-PET eine direkte, zeitlich parallele Beziehung zur kognitiven Progression aufweist und daher als Echtzeit-Marker für den Krankheitsverlauf und für Therapieeffekt geeignet ist.
Die Autoren diskutieren, dass Plasma-p-tau217 vermutlich ein früher, Amyloid-assoziierter Marker ist, der die initiale Phosphorylierung von Tau reflektiert, bevor sich faserförmige Tangles in der PET-Bildgebung manifestieren. Die starke Korrelation mit Aβ-PET und die Fähigkeit, die Assoziation zwischen Aβ und Tau-PET zu vermitteln, sprechen dafür, dass p-tau217 eine Schlüsselrolle in der frühen Pathophysiologie spielt. Tau-PET hingegen scheint näher mit der neuronalen Dysfunktion und dem kognitiven Verfall gekoppelt zu sein, insbesondere wenn die Pathologie in frontoparietale Netzwerke übergeht.
Somit demonstriert die Studie, dass Tau-PET nicht nur prognostisch wertvoll ist, sondern auch Echtzeit-Veränderungen der Kognition widerspiegelt – eine entscheidende Voraussetzung für die Beurteilung von Krankheitsmodifikation in klinischen Studien. Plasma-p-tau217 dagegen eignet sich hervorragend zur Frühidentifikation von Hochrisikopersonen, da dieser Biomarker bereits in frühen Stadien auffällig wird.
Für Studien, in denen ein therapeutischer Effekt auf die Tau-Pathologie überprüft werden soll, ist Tau-PET daher der geeignetere sekundäre oder intermediäre Endpunkt. Die Kombination aus plasmabasiertem Screening (p-tau217) und bildgebender Verlaufskontrolle (Tau-PET) könnte die Effizienz und Sensitivität zukünftiger Alzheimer-Präventionsstudien erheblich steigern.