Frauenherzen schlagen anders |
Alexander Müller |
31.01.2025 15:30 Uhr |
Der Verein »Healthcare Frauen« setzt sich für eine stärkere Berücksichtigung von Frauen in Medizin und Forschung ein. / © Healthcare Frauen
Allein in Deutschland starben 2022 mehr als 190.000 Frauen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ihre Risiken werden aber laut der Organisationen »Healthcare Frauen e.V.« oft unterschätzen und im medizinischen Umfeld zu spät diagnostiziert und behandelt. Die Organisation setzt sich daher für eine für eine genderspezifische Herzmedizin ein und richtete ihrer Forderungen gestern Abend bei der Veranstaltung »GoRedBeat« erneut an die Politik.
Zwei betroffenen Herzpatientinnen schilderten zu Beginn typische Besonderheiten beim Umgang mit der Erkrankung. Frauen mit Beschwerden gehen seltener und später zum Arzt, spielen die Symptome herunter und wollen nicht zur Last fallen. Zudem glaubt das soziale Umfeld bei einer aktiven Frau ohne äußerlich erkennbare Risikofaktoren nicht an Herzprobleme.
Das zieht sich teilweise bis in die Medizin – auch weil die Lehrbücher und Symptombeschreibungen immer noch vom männlichen Patienten ausgehen. »Frauen werden schlechter behandelt als Männer«, so Michael Becker, Chefarzt Klinik für Kardiologie, Nephrologie und Internistische Intensivmedizin und Leiter des Frauenherz-Zentrums am Rhein-Maas Klinikum. Die Risiken von Frauen würden immer noch unterschätzt, mahnte der Mediziner.
Sandra Eifert, Gendermedizinerin und Oberärztin am Helios Herzzentrum Leipzig sowie Leiterin einer der größten europäischen Frauenherzsprechstunden, forderte, dass Gendermedizin in der Ausbildung eine größere Rolle spielen müsse.
Und das betrifft nicht nur die Medizin. Anke Rüdinger, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbandes (DAV), sieht die Apotheken prädestiniert dafür, das Thema Prävention anzusprechen. »Frauen gehen zu spät los. Da sind wir in der Pflicht, zu sensibilisieren«, so Anke. Gerade weil der Frauenanteil unter den Beschäftigten in Apotheken so hoch ist: »Es ist das auch unser Thema«, so Rüdinger. Der neue ABDA-Vorstand werde das Thema Frauengesundheit mehr in den Blick nehmen, versprach die DAV-Vize.
Vanessa Conin-Ohnsorge, Ehrenpräsidentin der Healthcare Frauen, erwähnte positiv, dass die Regierung mit dem Gesundes-Herz-Gesetz Schritte in die richtige Richtung unternehmen wollte. Doch das Thema Frauengesundheit komme nicht vor. Sie forderte im Namen des Bündnisses von der Politik einen Anspruch auf Vorsorge für Frauen ab 40, die Integration genderspezifischer Medizin in Aus- und Weiterbildung und eine genderspezifische Subgruppen-Auswertungen in Studien.
Der CDU-Politiker Georg Kippels räumte ein, dass die Abgeordneten im Gesundheitsausschuss des Bundestags eher auf bestimmte Erkrankungen im Allgemein fixiert seien. Es werde etwa die Versorgung von Diabetespatienten beraten – aber nie mit dem Fokus Frauengesundheit.
Und der FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann, ermutigte die Healtcare Frauen: »Geben sie bitte nicht auf, das sind sehr vernünftige Vorschläge. Und die Unterstützung von uns beiden Herren habe Sie.« Ullmann ist selbst Arzt und kennt die klassischen Fehler falscher Dosierungen bei weiblichen Patientinnen.
Eine weitere Forderung im Rahmen des GoRedBeat betrifft die Erste Hilfe. Denn Frauen werden seltener wiederbelebt als Männer. Hemmungen, den BH zu öffnen oder Frauen im Brustbereich zu berühren, können zu einem dramatischen Zeitverlust führen. Um die Erste-Hilfe-Quote bei Frauen zu erhöhen, sei gezielte Aufklärung in Kursen gefragt. Weiblichen Reanimationspuppen oder vielleicht auch einfach ein der Puppe angelegter BH könnten dafür sensibilisieren.
Der Verein Healthcare Frauen möchten einen deutschlandweiten Tag der Frauenherzgesundheit etablieren. In Anlehnung an den amerikanischen National Wear Red Day wurde als Aktionstag der 7. Februar 2025 gewählt. Am ersten Freitag im Februar sollen möglichst viele mit einem roten Kleidungsstück oder einem roten Accessoire ein Zeichen für Frauengesundheit setzen.