Frankreichs gescheiterte Regierung und die Folgen |
Frankreichs Premierminister François Bayrou hatte am Montag in der Nationalversammlung im Streit über seinen Sparhaushalt die Vertrauensfrage gestellt. / © Imago/Xinhua
Ende August überraschte Premierminister François Bayrou mit der Ankündigung, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Als Begründung nannte er den Wunsch, sich Rückendeckung für seine geplanten Sparmaßnahmen zu sichern. Doch die versammelte Opposition brachte den Politiker der Partei »Demokratische Bewegung« gestern Abend nach rund neun Monaten im Amt zu Fall. Selbst aus den Reihen der konservativen Républicains, die Teil von Bayrous Mitte-Rechts-Kabinett sind, stimmten einzelne Abgeordnete gegen den Premier.
Präsident Emmanuel Macron will heute den gescheiterten Premier François Bayrou empfangen, um den Rücktritt von dessen Minderheitsregierung anzunehmen, wie es aus dem Élysée-Palast hieß. Schon in den nächsten Tagen wolle der Staatschef dann einen Nachfolger bestimmen. Weil die politische Krise auch Macron selbst unter Druck setzt und das Land vor einer Streik- und Protestwelle steht, will der Staatschef bei der Entscheidung wohl auf Tempo setzen.
Der Haushaltsentwurf Bayrous sah Einsparungen in Höhe von 43,8 Milliarden Euro vor. Außerdem plante er, zwei gesetzliche Feiertage zu streichen. Hintergrund sind die stark gestiegenen Staatsschulden Frankreichs, die inzwischen 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betragen – eine der höchsten Quoten im Euroraum. Das Haushaltsdefizit lag im vergangenen Jahr bei 5,8 Prozent des BIP und damit deutlich über dem von der EU festgelegten Grenzwert von drei Prozent.
Für Staatschef Macron gilt es jetzt, einen neuen Premierminister zu finden, der das politisch gespaltene Land führen kann. Die Ausgangslage ist jedoch vertrackt. In der Nationalversammlung stehen sich Macrons Liberale, das linke Lager und die Rechtsnationalen um Marine Le Pen als drei große Blöcke gegenüber. Keiner von ihnen verfügt über eine eigene Mehrheit. Das Regieren in lagerübergreifenden Koalitionen ist Frankreich nicht gewohnt. Einen Favoriten für das Amt des Regierungschefs gab es zunächst nicht. Medien nannten als Kandidaten den Macron nahestehenden Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, der schon nach dem Sturz der Vorgängerregierung als Favorit gehandelt wurde. Auch die Namen von Justizminister Gérald Darmanin, Arbeits- und Gesundheitsministerin Catherine Vautrin oder von Finanz- und Wirtschaftsminister Éric Lombard fielen.