Fixum auf 9,50 Euro, Skonto frei |
Union und SPD wollen das Apothekenhonorar anheben / © Getty Images/Heidloss Tilo Geringswald Felix GbR
Die 8,35 Euro Apothekenfixum könnten bald Geschichte sein, zumindest haben sich Union und SPD laut dem Ergebnispapier der Arbeitsgruppe Gesundheit auf eine Erhöhung geeinigt. Demnach soll das Fixum »einmalig« auf 9,50 Euro steigen. Und: »In Abhängigkeit vom Versorgungsgrad kann es insbesondere für ländliche Apotheken in einem Korridor bis zu 11 Euro betragen.« Zudem solle die Vergütung zwischen den Apothekern und dem GKV-SV ausgehandelt werden.
Tabellarisch berechnen die Unterhändler die Kosten und Einsparungen aus den geplanten Maßnahmen. Die Erhöhung des Fixums würde bei einer Erhöhung auf 10 Euro mit 1,15 Milliarden Euro zu Buche schlagen.
Dazu kämen 75 Millionen Euro jährlich, die die künftigen Koalitionäre für die Erhöhung der Zuschläge für Apotheken im ländlichen Raum vorsehen wollen.
Dieser Betrag soll aber aus dem Topf für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) finanziert werden. Dasselbe gilt für 25 Millionen Euro jährlich für zusätzliche Präventionsaufgaben in Apotheken. Letzteres soll aber auch dazu beitragen, Geld einzusparen: Circa eine Milliarde Euro ließen sich demnach mit einer Reduzierung der Krankheitslast einsparen.
Die Unterhändler wollen Skonti wieder für die Verhandlungen zwischen Großhändlern und Apotheken freigeben. Diese wurden seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) im Februar 2024 wie Rabatte gewertet und unterlagen damit den Preisvorschriften. Das wollen Union und SPD nun ändern. Die Maßnahme sei für den Bund und die Kassen kostenneutral.
Die künftigen Koalitionäre wollen zudem das Fremdbesitzverbot bekräftigen und insbesondere Apotheken im ländlichen Raum stärken. Prävention soll verstärkt werden, Arzneimittelabgabe und -austausch sollen erleichtert werden.
Der überbordenden Bürokratie und den Dokumentationspflichten wollen die Koalitionäre Einhalt gebieten. Binnen sechs Monaten soll ein Bürokratieentlastungsgesetz Abhilfe schaffen. Es soll Dokumentationspflichten und Kontrolldichten »massiv« verringern. Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Professionen im Gesundheitswesen solle dominieren, »statt sie mit Bürokratie aus Gesetzgebung und Selbstverwaltung zu lähmen«. Die Verschreibung und Abrechnung von Heil- und Hilfsmitteln gegenüber den Krankenkassen soll »wesentlich« vereinfacht werden. Alle Gesetze in dem Bereich würden einem Praxistest unterzogen.
Auch auf »gleichlange Spieße« bei lokalen und Versandapotheken einigten sich die Verhandler. Laut dem Papier sollen Vorgaben für Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken, insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten, vereinheitlicht werden.
Der Apothekerberuf soll laut dem Papier »zu einem Heilberuf weiterentwickelt« werden. Nullretaxationen aus formalen Gründen will die künftige Regierung abschaffen.
Anders als mit der Krankenhausreform geplant, soll der Bund laut den Plänen den bisher für die gesetzlichen Krankenkassen vorgesehenen Anteil für den Transformationsfonds zur Finanzierung der Reform übernehmen. Dies soll aus dem Sondervermögen Infrastruktur finanziert werden. Bisher waren jährliche Ausgaben von 2,5 Milliarden Euro vorgesehen, die aus dem Gesundheitsfonds und damit von der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert worden wären. Für das Sondervermögen und eine Lockerung der Schuldenbremse hatten Bundestag und Bundesrat vergangene Woche den Weg frei gemacht.
Um die Kassenbeiträge zu stabilisieren, sollen die nicht kostendeckenden Beiträge für Bürgergeldempfänger aus Steuermitteln vollständig finanziert werden. Dabei wollen Union und SPD Tempo machen: »Bereits im Jahr 2025 werden die entsprechenden Beträge zur Verfügung gestellt.« Entsprechend der Beitragsentwicklung soll der Bundeszuschuss dynamisiert werden.
Den Pharmastandort Deutschland haben die Verhandler im Blick. So sollen Pharmadialog und Pharmastrategie fortgesetzt werden. Die Produktion kritischer Arzneimittel und Medizinprodukte soll nach Deutschland und Europa zurückgeholt werden. Das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) soll mit Blick auf die »Leitplanken« und auf personalisierte Medizin weiterentwickelt werden.
Im Digitalen sollen sich die Rahmenbedingungen und Honorierung für Videosprechstunden, Telemonitoring und Telepharmazie verbessern. Damit soll die Versorgung flächendeckend sichergestellt werden. Die Gematik soll »zu einer modernen Agentur« weiterentwickelt werden, um im Bereich der Digitalisierung Akteure besser zu vernetzen.
In der Pflege planen Union und SPD eine große Reform und drücken auch dabei aufs Tempo. Binnen sechs Monaten soll eine Bund-Länder-Gruppe Vorschläge für eine Strukturreform erarbeiten und noch in diesem Jahr vorstellen. Pflegebedingte Eigenanteile sollen begrenzt, pflegende Angehörige gestärkt, bestehende Leistungen gebündelt, Versorgungsangebote für pflegerische Akutsituationen aufgebaut und die sektorenübergreifende pflegerische Versorgung gestärkt werden.
In der ambulanten Versorung sehen die künftigen Koalitionäre »ein verbindliches Primärarztsystem« bei freier Arztwahl vor, ausgenommen sind Augenheilkunde und Gynäkologie. Dies soll die Versorgung verbessern und die Terminvergabe vereinfachen. Eigene Lösungen soll es für Chroniker geben.
Das Honorarsystem im ärztlichen soll Bereich mit dem Ziel verändert werden, die Anzahl nicht bedarfsgerechter Arztkontakte zu reduzieren (Jahrespauschalen).