Finnland überlässt OTC-Preise demnächst den Apotheken |
Jennifer Evans |
20.01.2022 15:00 Uhr |
Den Apotheken in Finnland steht eine große Reform bevor. Diese könnte geringere Gewinnspannen und niedrigere Arzneimittelpreise bedeuten. / Foto: Getty Images/Vepar5
Wie viele andere Länder auch will Finnland seine Ausgaben im Gesundheitssystem reduzieren und damit Patienten und Krankenversicherungen entlasten. Dafür hat die finnische Regierung bereits eine passende Reform in der Schublade, die auch Auswirkungen auf die Arzneimittelpreisgestaltung und Apothekenvergütung haben soll. Darüber hinaus stand unter den Politkern lange zur Debatte, ob die Einführung einer Preisobergrenze für OTC-Präparate sinnvoll ist, um mehr Preiswettbewerb zu ermöglichen. Derzeit unterliegen rezeptfreie Arzneimittel der Preisbindung.
Die PZ hat sich beim finnischen Gesundheitsministerium erkundigt, wie weit die noch vagen Pläne inzwischen fortgeschritten sind. Demnach befindet sich die große Reform »noch in der Anfangsphase« und ist generell auf »eine langfristige Basis« angelegt, die sich noch über »mehrere Regierungsperioden« erstrecken wird. Details will das Ministerium auf PZ-Anfrage nicht herausrücken. Die Begründung: »Die nächste Regierung wird die Entscheidungen zur Entwicklung des Apothekensystems und der Ökonomie der Apotheken treffen.« Aktuell steht Sanna Marin an der Spitze der nordeuropäischen Republik. Die heute 36-jährige Sozialdemokratin hatte im Dezember 2019 ihre vierjährige Amtszeit als Ministerpräsidentin des Landes angetreten und war zeitweise die jüngste Regierungschefin weltweit.
Aber so viel ist dann doch in Erfahrung zu bringen: Pharmazeutische Dienstleistungen sollen in Zukunft grundsätzlich kostengünstiger werden und die Arzneimittelsicherheit soll generell steigen. Auch ist geplant, die Verfügbarkeit und den Zugang zu Medikamenten und pharmazeutischen Services zu verbessern. Damit einher geht das Vorhaben, die Beratung, insbesondere im Bereich der Arzneimitteltherapie, »finanziell zu fördern«.
Anpassungen wird es demnach in Zukunft auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit und den Vertrieb von Medikamenten geben, wie das Gesundheitsministerium informierte. Damit gemeint sind natürlich Einsparungen, damit die bessere Verfügbarkeit von Medikamenten, der erweiterte Zugang zum Dienstleistungsangebot sowie die Preise für Arzneimitteltherapien weiter »im Gleichgewicht stehen«. Außerdem will die Regierung die Aufgaben und Zuständigkeiten der Großhändler noch einmal auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls verändern.
Wie bei jeder guten Reform im Gesundheitswesen darf natürlich auch das Thema Digitalisierung nicht fehlen: Finnland möchte nämlich künftig für die Patienten mehr digitale Werkzeuge und Angebote entwickeln, die sich unter anderem gewinnbringend in der Arzneimitteltherapie einsetzen lassen.
Unabhängig von dieser Reform tritt nach Auskunft des Ministeriums jedoch die Gesetzesänderung hinsichtlich der OTC-Preisgestaltung bereits im April 2022 in Kraft. Damit dürfen Apotheken den Verkaufspreis für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel in ihrem eigenen Ermessungsspielraum gestalten. Allerdings sei es ihnen dabei nicht erlaubt, unter die Großhandelspreise zu fallen, Mehrwertsteuer eingerechnet, heißt es zur PZ. Laut der aktuellsten Aufstellung der ABDA entfallen auf Medikamente in Finnland derzeit 10 Prozent, während der allgemeine Mehrwertsteuersatz bei 24 Prozent liegt. Deutschland hingegen unterscheidet nicht. Arzneimittel werden hierzulande mit den üblichen 19 Prozent besteuert.