Fehlerhafte E-Rezepte |
Alexander Müller |
16.10.2023 15:05 Uhr |
Bei 0,4 bis 1,2 Prozent der E-Rezepte gibt es laut den Rechenzentren Fehler. Häufig liegt es an der Signatur. / Foto: Alois Mueller
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0,4 Prozent der E-Rezepte sind nach Angaben des Norddeutschen Apothekenrechenzentrums (NARZ) fehlerhaft. Die Mitbewerber Noventi, ARZ Haan und ARZ Darmstadt berichten gegenüber der PZ von einer Quote in vergleichbarer Höhe. Zum Vergleich: Nach Abrechnungsvolumen liegt die Retaxquote bei den Muster-16-Rezepten beim Rechenzentrum bei 0,01 Prozent.
Die Zahlen sind nicht 1:1 zu vergleichen, weil auch bei rosa Rezepten vor der Abrechnung noch Fehler korrigiert werden. Fest steht aber, dass die Fehlerquote bei den E-Rezepten um ein Vielfaches höher liegt als beim herkömmlichen Papierrezept, zumal jede Verordnungszeile hier ein eigenes Rezept ausmacht.
Ein besonders oft wiederkehrender Fehler betrifft die Signatur – wenn der ausstellende Arzt vom signierenden Arzt abweicht. Das passiert relativ häufig, weil im Praxisverwaltungssystem (PVS) ein Name für den ausstellenden Arzt hinterlegt ist, der Name auf dem Heilberufsausweis (HBA) aber nicht zwangsläufig identisch ist. Laut Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) müssen vereinfacht gesagt Arztstempel und Arztunterschrift aber passen.
Das Problem ist in vielen Fällen ein technisches: Weil die Daten als String – also als Zeichenkette aus einem definierten Zeichensatz – verglichen werden, fallen unterschiedliche Schreibweisen durchs Raster. Das kann Umlaute und Sonderzeichen betreffen oder das Weglassen eines Zweitnamens je nach Datensatz. André Müller im PVS und Andre Thomas Mueller auf dem HBA sind dann nicht mehr derselbe Arzt. Diese Fehlerquelle wäre leicht zu beheben gewesen, beispielsweise mit einer eindeutigen Zahlenfolge für jeden Arzt und jede Ärztin. Doch eine solche Codierung wurde trotz wiederholter Hinweise aus der Praxis vom Gesetzgeber nicht vorgeschrieben.
Immerhin haben sich Deutscher Apothekerverband (DAV) und der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) darauf verständigt, nicht zu retaxieren, wenn es sich eindeutig um dieselbe Person handelt. Bei eindeutig abweichenden Namen sind die Apotheken aber angehalten, sich ein neues Rezept ausstellen zu lassen.
Die Gematik hat zudem eine Arbeitsanweisung herausgegeben, dass beim Signieren im Zweifel das Rezept überschrieben werden soll. Der E-Rezept-Fachdienst soll in Zukunft sicherstellen, dass E-Rezepte mit abweichenden Namen nicht mehr ausgestellt werden können.
Die Gesellschafterversammlung der Gematik hat die Apotheken der ABDA zufolge im Juni sogar von der Prüfpflicht befreit. Demnach erhält der Name der verordnenden Person im Datensatz des E-Rezepts den »Status eines reinen Anzeigewertes«, sodass eine Abweichung zwischen Namen in der Verordnung und Namen in der Signatur keine Prüfrelevanz mehr habe. »Führend ist stets der Name aus der qualifizierten Signatur«, teilt die ABDA mit. Der Beschluss wurde zwar von der Mehrheit der Gematik-Gesellschafter gefasst, allerdings gegen die Stimmen des GKV-Spitzenverbands. Insofern bleibt abzuwarten, wie sich die Kassen zu diesem Beschluss verhalten.
Aus Sicht der Apotheken wäre wünschenswert, dass diese Abweichungen schon beim Ausstellen gar nicht mehr passieren können. Damit ließe sich die aktuell besorgniserregend hohe Fehlerquote bei den E-Rezepten drücken.
Insbesondere mit der Einführung des EGK-Verfahrens im Juli, also der Einlösung des E-Rezepts via elektronischer Gesundheitskarte, sind die Zahlen deutlich nach oben gegangen, zuletzt auf mehr als 80.000 E-Rezepte pro Tag. Gemessen am Gesamtvolumen bewegen sich die digitalen Verordnungen aber immer noch im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.