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Sicherheitssignal

FDA stoppt RSV-Impfstoffstudien bei Säuglingen und Kleinkindern

Erst kürzlich wurde ein mRNA-Impfstoff gegen das respiratorische Synzytialvirus (RSV) für Erwachsene zugelassen. Es liegt auf der Hand, einen solchen Impfstoff auch für Säuglinge zu entwickeln, da diese besonders durch eine RSV-Infektion bedroht sind. Die Entwicklung pausiert aktuell, denn es gibt beunruhigende Warnsignale.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 19.12.2024  14:28 Uhr

Weltweit sterben jährlich bis zu 100.000 Kinder unter fünf Jahren an einer Infektion mit dem respiratorischen Synzytialvirus (RSV). Geschützt werden können Risikokinder durch eine passive Immunisierung mit dem Antikörperpräparat Beyfortus® (Nirsevimab). Es wäre naheliegend, zum Schutz vor einer Infektion in dieser Population auch einen Impfstoff zu entwickeln, ähnlich wie die beiden proteinbasierten RSV-Impfstoffe, Abrysvo® von Pfizer und Arexvy® von Glaxo-Smith-Kline, sowie den mRNA-Impfstoff mResvia® von Moderna, der für Personen ab 60 Jahren seit einiger Zeit zur Verfügung steht.

Das Vorhaben des Unternehmens Moderna, auch einen mRNA-basierten RSV-Impfstoff für Säuglinge zu entwickeln, wurde jetzt allerdings aktuell von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA offiziell gestoppt, nachdem das Unternehmen selbst die Studien bereits im Juli unterbrochen hatte.

Was war geschehen? Bei klinischen Phase-I-Studien zur Verträglichkeit von zwei Impfstoffen auf mRNA-Basis (mRNA-1345 und mRNA-1365) kam es zu Zwischenfällen, die als relevante Sicherheitssignale gewertet wurden.

Beide Impfstoffkandidaten enthalten mRNA-Moleküle, die für das F-Glykoprotein auf der Oberfläche von RSV und dem humanen Metapneumovirus (hMPV) codieren. mRNA-1345 ist ein monovalenter Impfstoff nur gegen RSV, mRNA-1365 ist ein Kombinationsimpfstoff gegen RSV und hMPV, das zur selben Familie wie RSV gehört und auch ähnliche Symptome verursacht.

In einer Studie zur Überprüfung der Sicherheit des monovalenten mRNA-Impfstoffs, die Moderna in Panama durchführt, entwickelten fünf von 40 Kindern im Alter von fünf bis acht Monaten schwere oder sehr schwere RSV-bedingte Krankheitsverläufe. In der Placebogruppe erkrankte nur eins von 20 Kindern. Zudem erkrankten im Rahmen einen Phase-I-Studie drei von 27 Säuglingen an hMPV-Infektionen, die den Kombinationsimpfstoff erhalten hatten. In der Placebogruppe wurde hingegen keine Infektion beobachtet.

FDA-Expertenteam rät zum Studienstopp

Im Anschluss an einem Expertenmeeting, das die FDA organisiert hatte, um die Sicherheitssignale in den beiden Studien zu bewerten, verfügte die FDA jetzt einen Stopp für die Aufnahme von Kindern unter zwei Jahren in alle klinischen Studien, in denen RSV-Impfstoffkandidaten getestet werden, die nicht ein abgeschwächtes Lebendvirus enthalten. Der Stopp gilt auch für Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren, die noch nie mit RSV infiziert waren.

Ungeachtet dieser Anordnung wurde seitens der FDA betont, dass das Expertenteam noch keine endgültigen Schlussfolgerungen zu den Ursachen der Komplikationen während der klinischen Phase-I-Studie gezogen habe. Stattdessen forderte der Ausschuss weitere Informationen bei Moderna an.

»Es ist sehr klar, dass es ein Sicherheitssignal gibt. [...] Wir sind mit einer sehr komplizierten Situation konfrontiert«, wird Dr. Arnold Monto, ein Mitglied des Expertenteams und emeritierter Professor für Epidemiologie und öffentliche Gesundheit an der University of Michigan, in einem Bericht des Nachrichtenportals »Biopharmadive« zitiert.

Zwischenfälle erinnern an Studien aus den 1960er-Jahren

Die Vorkommnisse sorgen auch für Beunruhigung, da sie an ähnliche Probleme erinnern, die bei einer Impfstoffstudie vor Jahrzehnten auftraten. In den 1960er-Jahren erkrankten bei einer RSV-Impfstoffstudie 80 Prozent der geimpften Kinder, zwei starben. Dieser Impfstoff enthielt als Antigen ein komplettes inaktiviertes RSV. Offenbar wurde das Immunsystem der kleinen Patienten durch die Impfung fehlgeleitet. T-Zell-Reaktionen wurden abgeschwächt und es wurden große Mengen an ineffektiven Antikörpern gebildet, die gefährliche Immunkomplexe bildeten. Diese Tragödie hat über Jahrzehnte die Entwicklungsaktivitäten von RSV-Impfstoffen blockiert.

Die beiden Impfstoffkandidaten von Moderna enthalten kein komplettes Virus, weder als inaktivierte RSV noch als abgeschwächtes Lebendvirus. Sie enthalten nur die mRNA-Moleküle für die RSV- beziehungsweise hMPV-F-Glykoproteine.

Ähnlich wie das Spike-Protein von SARS-CoV-2 existiert das F-Glykoproteine entweder in einer Prä- oder Postfusionsform. Man hat zeigen können, dass Impfstoffe, die das Protein in einer Präfusionsform verwenden, das Immunsystem dahingehend trainieren, hochwirksame neutralisierende Antikörper zu bilden, indem sie verdeckte Teile im Postfusionszustand aufdecken.

Diese Strategie funktioniert bei Erwachsenen. Die Daten aus den Studien an Säuglingen könnten jedoch darauf hindeuten, dassin dieser Probandengruppe das Immunsystem fehlgeleitet wird. Statt einen effektiven Immunschutz zu induzieren, könnte es bei der Impfung von Säuglingen zu einer sogenannten Impfstoff-assoziierten verstärkten Atemwegserkrankung kommen.

Diese Möglichkeit veranlasste die FDA nun, alle Studien zu stoppen, bei denen Teilkomponenten des RSV als Antigen verwendet werden. Nicht gestoppt wurden allerdings Studien mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen. Hier ahmen die Viren eine erste natürliche Infektion bei Kindern nach, wodurch sich das Risiko einer schweren Erkrankung durch eine nachfolgende Infektion nicht erhöht.

Bisher sind dies nur Theorien und auch die FDA betont, dass man nicht sicher ist, ob die Daten, die Moderna der FDA gemeldet hat, tatsächlich das Problem erklären. Ungeachtet dessen hat das Unternehmen aber bereits die Studien komplett eingestellt und die Entwicklung der Impfstoffe für Säuglinge aufgegeben.

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