FDA reduziert Tierversuche bei Entwicklung von Antikörpern |
Theo Dingermann |
14.04.2025 13:30 Uhr |
Die neuen FDA-Vorgaben sollen die Arzneimittelsicherheit erhöhen, Entwicklungsprozesse effizienter gestalten und Tierversuche einsparen, vor allem an Hunden und Primaten. / © Getty Images/Connect Images RF/Andrew Brookes
Am Freitag kündigte die FDA eine umfassende Neuausrichtung bei der präklinischen Bewertung von monoklonalen Antikörpern (mAb) und anderen Medikamenten an, die auf eine schrittweise Abkehr von Tierversuchen zugunsten moderner, menschenrelevanterer Testmethoden abzielt. Diese Initiative, die auf dem 2022 verabschiedeten FDA Modernization Act 2.0 basiert, markiert einen regulatorischen Paradigmenwechsel mit potenziell weitreichenden Auswirkungen auf die Arzneimittelentwicklung, die Tierschutzethik und die öffentliche Gesundheit.
Tierversuche galten bisher als Goldstandard zur Sicherheitsbewertung, da viele Tiere biologisch dem Menschen ähneln und unter kontrollierten Laborbedingungen gehalten werden können. Allerdings weisen Experten seit längerem auf die Grenzen tierischer Modelle hin. Denn Tiere verstoffwechseln Wirkstoffe teils anders als Menschen, was sowohl zu falsch positiven als auch negativen Befunden führen kann.
Im Zentrum der Neuausrichtung stehen sogenannte »New Approach Methodologies« (NAM), darunter durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte toxikologische Computermodelle, Studien an humanen Organoide, also aus Zellkulturansätzen gewonnene dreidimensionale Organ-Äquivalente, und Organ-on-a-Chip-Systeme. Diese Plattformen ermöglichen präzisere Vorhersagen über die Pharmakokinetik, Toxizität und Immunogenität von Antikörpertherapeutika im menschlichen Organismus.
KI-Modelle sind heute in der Lage, die Verteilung eines monoklonalen Antikörper im Körper zu simulieren und so die Vorhersage potenzieller Nebenwirkungen auf Basis der molekularen Eigenschaften zu ermöglichen. Organoide und mikrophysiologische Systeme (MPS) reproduzieren im Miniaturmaßstab menschliche Organe wie Leber oder Herz und erlauben die Identifizierung spezifischer Toxizitäten, die in Tiermodellen nicht zuverlässig detektiert werden können.
Begleitend wird die FDA damit beginnen, reale klinische Daten aus Ländern mit vergleichbaren regulatorischen Standards als Wirksamkeits- und Sicherheitsnachweise zu berücksichtigen. Dies soll nicht nur redundante Tierversuche reduzieren, sondern auch die Zulassung von Wirkstoffen beschleunigen, die international bereits erprobt wurden.
Regulatorisch plant die FDA eine Roadmap zur Integration dieser Methoden in das bestehende Zulassungsverfahren für neue Medikamente. Unternehmen, die belastbare Daten aus tierversuchsfreien Systemen einreichen, können mit einer beschleunigten Prüfung rechnen.
Ebenfalls sind Pilotprojekte geplant, in denen ausgewählte Entwickler unter enger Begleitung der FDA nahezu ausschließlich auf New Approach Methodologies zurückgreifen dürfen. Ein begleitender öffentlicher Workshop und eine Pilotstudie sollen zur weiteren Validierung und langfristigen Umsetzung beitragen.
In Zusammenarbeit mit dem »Interagency Coordinating Committee on the Validation of Alternative Methods« (ICCVAM), den National Institutes of Health, dem National Toxicology Program und anderen Bundesinstitutionen strebt die FDA zudem eine systematische Validierung und eine breite Akzeptanz dieser neuen Methoden an.
Der FDA-Kommissar Professor Dr. Martin Makary betont, dass diese Modernisierungsmaßnahmen nicht nur die Arzneimittelsicherheit erhöhen und Entwicklungsprozesse effizienter gestalten, sondern auch potenziell tausende Tiere jährlich vor dem Einsatz in der Forschung bewahren könnte – insbesondere Hunde und Primaten.