| Melanie Höhn |
| 05.01.2023 17:00 Uhr |
Apotheken müssen ein Apothekenvereinbarungsformular ausfüllen, um für die Abgabe von Mifepriston zertifiziert zu werden, erklärte die FDA am Dienstag. / Foto: Imago Images/Xinhua
Die FDA teilte am Dienstag auf ihrer Webseite mit, dass nun auch öffentliche Apotheken Arzneimittel mit dem Wirkstoff Mifepriston abgeben können, die für medikamentöse Abtreibungen verwendet werden. Bisher waren diese Medikamente nur im klinischen Setting erhältlich sowie bis zu einem Urteil des obersten Gerichtshof im Juni 2022 auch über Versandapotheken. Nun können Betroffene das Präparat Mifeprex 200 mg Filmtabletten mit ärztlicher Verschreibung auch über ihre Vor-Ort-Apotheke oder aber Versandapotheken beziehen, wenn diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Laut FDA muss Mifepriston von einem dafür qualifizierten Gesundheitsdienstleister verschrieben werden, der im Rahmen des sogenannten »Mifepristone REMS-Programms« zertifiziert ist. Um für die Verschreibung zertifiziert zu werden, müssen Gesundheitsdienstleister ein »Prescriber Agreement Form« ausfüllen. Zudem muss ein Patientenvereinbarungsformular von der betroffenen Frau und ihrem Gesundheitsdienstleister überprüft und unterzeichnet werden.
Außerdem müssen die Risiken des Mifepriston-Behandlungsschemas der Schwangeren vollständig erklärt werden, bevor Mifepriston abgegeben wird, erklärte die FDA. Des Weiteren müsse den Betroffenen eine Kopie des Patientenvereinbarungsformulars und des Mifepriston-Medikationsleitfadens zur Verfügung gestellt werden.
Die FDA erklärte weiter, dass Apotheken ein Apothekenvereinbarungsformular ausfüllen müssen, um für die Abgabe von Mifepriston zertifiziert zu werden. Eine ärztliche Verschreibung ist weiterhin vorgeschrieben. Zertifizierte Apotheken müssen in der Lage sein, Mifepriston über einen Botendienst zu versenden, der Tracking-Informationen bereitstellt und zudem sicherstellen, dass das Medikament rechtzeitig an die betroffene Frau abgegeben wird.
Die gynäkologische Fachgesellschaft American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) sagte in einer Erklärung, dass die Entscheidung der FDA ein »wichtiger Schritt nach vorne bei der Sicherung des Zugangs zu medikamentöser Abtreibung« sei. Iffath Abbasi Hoskins, Präsident von ACOG, erklärte: »Diese Änderung wird Patientinnen, die sich für einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch entscheiden, die Möglichkeit geben, zur sofortigen Behandlung in eine Apotheke zu gehen, anstatt auf eine Bestellung per Post zu warten, wenn das für sie richtig ist.«
Medienberichten zufolge begrüßen auch Organisationen wie Planned Parenthood oder American Civil Liberties Union (ACLU) den Schritt der FDA hin zu einem leichteren Zugang zu den sogenannten »Abtreibungspillen«. »Die heutige Nachricht ist ein Schritt in die richtige Richtung für gesundheitliche Chancengleichheit«, sagte Planned Parenthood-Präsident Alexis McGill Johnson in einer Erklärung. »Die Möglichkeit, die verschriebene medikamentöse Abtreibung per Post zu bekommen oder sie wie jedes andere verschriebene Medikament persönlich in einer Apotheke abzuholen, ist ein Game Changer für Menschen, die versuchen, auf eine grundlegende Gesundheitsversorgung zuzugreifen«, fügte Johnson hinzu.
Ein CVS-Sprecher sagte am Dienstag, das Unternehmen (eine der großen Apothekenketten der USA) »überprüfe die aktualisierten Zertifizierungsanforderungen für das Arzneimittelsicherheitsprogramm der FDA zur Risikobewertung und -minderungsstrategie (REMS) für Mifepriston, um die Anforderungen für die Abgabe in Staaten zu bestimmen, die die Abgabe von Medikamenten, die für einen elektiven Schwangerschaftsabbruch verschrieben werden, nicht einschränken.«
Ein Walgreens-Sprecher erklärte, dass das Unternehmen die Änderungen ebenfalls evaluiere: »Wir freuen uns darauf, die Ankündigung der FDA und das Mifepriston-REMS-Programm zu prüfen, und wir werden es unseren Apothekern weiterhin ermöglichen, Medikamente im Einklang mit Bundes- und Landesgesetzen abzugeben.«
Der Oberste Gerichtshof in den USA kippte erst im Juni das »Roe v. Wade«-Urteil, das Schwangeren seit dem Jahr 1973 das Recht auf Abtreibung sicherte. In den USA gibt es kein landesweites Gesetz, das Abtreibungen erlaubt oder verbietet. Schwangerschaftsabbrüche waren bislang aber mindestens bis zur Lebensfähigkeit des Fetus erlaubt – nach heutigem medizinischen Stand etwa bis zur 24. Woche.
Durch das Urteil des US-Gerichts dürfen nun die Bundesstaaten über das Recht auf Abtreibung entscheiden. Der mehrheitlich konservativ besetzte Supreme Court machte damit den Weg für strengere Abtreibungsgesetze frei – bis hin zu kompletten Verboten. Tausende Menschen in den USA protestierten daraufhin für das Recht auf Abtreibung.