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ALS und frontotemporale Demenz

Falsches Spleißen der mRNA als mögliche Ursache

Bei fast allen Patienten mit amyotropher Lateralsklerose (ALS) und bei bis zu 50 Prozent der Patienten mit frontotemporaler Demenz (FTD) und Morbus Alzheimer findet man das kernständige DNA/RNA-bindende Protein TDP-43 auch im Zytoplasma. Das führt zu fehlerhaftem Spleißen der mRNA und in der Folge zur Bildung artifizieller Proteine, die an der Pathogenese der Erkrankungen beteiligt sein könnten.
Theo Dingermann
02.02.2024  15:30 Uhr

Das TAR DNA-bindende Protein 43 (TDP-43) kommt eigentlich nur im Zellkern vor und spielt dort eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung von Vorläufer-mRNA zu reifer mRNA, dem sogenannten Spleißen. Bei ALS und FTD gelangt das Protein aber aus dem Zellkern in das Zytosol, verklumpt dort und verliert seine Funktion. Dies führt zur Bildung einer Vielzahl falsch prozessierter mRNA-Moleküle. Da diese die Vorlage für die Proteinproduktion sind, können so abnorme Proteine entstehen, was pathologische Konsequenzen haben könnte. Der Verlust der normalen TDP-43-Funktion könnte daher ein früher Krankheitsmechanismus für neurodegenerative Erkrankungen sein.

Dieser These gingen Forschende um Sahba Seddighi vom National Institute of Neurological Disorders and Stroke am NIH in Bethesda, USA, nach. Sie untersuchten systematisch, ob der Verlust der TDP-43-Funktion zur Expression von Proteinen führt, die durch sogenannte kryptische Exons, also durch nicht korrekt gespleißte mRNA, kodiert werden. Unter kryptischen Exons werden Bereiche der Vorläufer-mRNA verstanden, die normalerweise beim Spleißen entfernt und nicht in Protein übersetzt werden, aber durch Fehler bei der Verarbeitung in die reife mRNA gelangen. Bisher war man davon ausgegangen, dass diese kryptischen Exons eine falsch gespleißte mRNA destabilisieren und degradiert werden. Dass diese falsch prozessierten mRNA-Moleküle auch abgelesen und in Proteine übersetzt werden, beschreiben die Forschenden nun erstmals im Fachjournal »Science Translational Medicine«.

Artifizielle Proteine nachgewiesen

Die Gruppe verwendete ein Neuronenmodell, das mithilfe von induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) erstellt wurde, denen TDP-43 fehlte. Es konnte zeigen, dass nicht korrekt gespleißte mRNA umfangreich mit Ribosomen, den für das Ablesen der mRNA zuständigen Zellorganellen, interagiert. Das lässt darauf schließen, dass diese mRNA auch aktiv translatiert wird. Schließlich gelang es den Forschenden, 65 Peptide zu identifizieren, die zwölf inkorrekt gespleißten mRNA-Molekülen zugeordnet werden konnten. Diese artifiziellen Proteine ließen sich anschließend auch in postmortalen Großhirnrinden-Proben von ALS/FTD-Patienten identifizieren, was ein starker Hinweis darauf ist, dass das von der Gruppe entwickelte zelluläre In-vitro-Modell eine physiologische Relevanz besitzt.

Auch durch Western-Blot- und Proteomik-Strategien bestätigten die Forschenden, dass de-novo-gebildete Peptide in von Patienten abgeleiteten iPSC-Neuronen vorhanden waren. Sie zeigten auch, dass Proteine, die kryptische Sequenzen enthalten, unterschiedlich mit anderen Proteinen interagierten und wahrscheinlich veränderte Funktionen aufweisen als die authentischen Proteine. Zudem könnten diese artifiziellen Proteine vom menschlichen Immunsystem als fremd erkannt werden und dadurch Entzündungen auslösen, die zur Neurodegeneration beitragen könnten.

 Das Team entwickelte einen Proteomics-Assay, mit dessen Hilfe sich 18 kryptische De-novo-Peptide in 13 verschiedenen Proteinen in Liquorproben von Patienten nachweisen lassen, die entweder an einer ALS oder einer FTD erkrankt waren.

Die Ergebnisse sind wichtig für ein tieferes Verständnis dafür, wie kryptische Exone am Prozess der neurodegenerativen Erkrankungen beteiligt sein können. Zudem könnten sie dazu beitragen, Krankheiten mit TDP-43-Dysfunktion noch vor Symptombeginn anhand der artifiziellen Proteine im Liquor zu identifizieren.

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