Fall Überraschungsei |
Carolin Lang |
19.10.2023 18:00 Uhr |
Insgesamt sei dem Patienten nicht mehr klar gewesen, welche Medikamente er warum nehmen sollte, kommentierte Buck. Als besonders kritisch stufte die Apothekerin das überdosierte Amlodipin sowie die Verwechslung von Moxonidin mit einem Schmerzmittel ein. Beschwerden wie Tagesmüdigkeit, Sturzgefahr sowie den schwankenden Blutdruck führte sie mitunter auf diese Fehlanwendungen zurück. Kritisch sei ferner das eigenständig höher dosierte Rivastigmin und das nicht abgesetzte Duloxetin.
Klar war: Der Patient brauchte Unterstützung im Umgang mit seiner Medikation, um die Arzneimitteltherapiesicherheit zu erhöhen. Da der Hausarzt nicht kommunikationsbereit gewesen sei, wie Buck bedauerte, habe sie gemeinsam mit dem Ehepaar alle Präparate, die laut BMP nicht vorgesehen waren, entsorgt. Als weitere Maßnahme habe sie die Ehefrau »mit ins Boot geholt« und ihr die Medikation genau erklärt. Diese übernehme seither das Management der Medikamente.
Auch ohne ärztliches Mitwirken habe man mit der Medikationsanalyse viel bewirken können, resümierte Buck. »Die Beschwerden haben sich deutlich verbessert und der Patient kocht wieder.«
Hierfür stellten die Referentinnen und Referenten verschiedene Hypothesen auf. Im Verdacht stand etwa Valsartan. »Sartane führen nicht häufiger zu Husten als Placebo«, betonte Dr. Alexander Ravati. Er brachte die Vermutung an, dass eine bislang unerkannte Herzerkrankung wie Herzinsuffizienz vorliegen könne, die zu einem Rückstau des Blutes in den Lungen führe. »Moxonidin ist – gerade in hoher Dosis – bekannt dafür, falls eine Prädisposition besteht, eine Herzinsuffizienz zu verschlechtern«, sagte der Apotheker und AMTS-Experte. Die Allgemeinmedizinerin Dr. Annegret Fröbel vermutete eine unzureichend behandelte Refluxkrankheit als Ursache. »Nachts im Schlaf findet nicht selten unbemerkt Reflux statt. Durch das Abtropfen von Magensäure auf die Stimmbandebene kann es auch zu chronischem Reizhusten kommen.«