»Fachkräfte fehlen nicht, sie arbeiten nur woanders« |
Melanie Höhn |
26.04.2023 11:00 Uhr |
Der Führungsexperte Winfried Schröter ist überzeugt, Mitarbeiterbindung ist der Schlüssel zum Erfolg. / Foto: André Wagenzik
Was ist entscheidend, wenn es um einen attraktiven Arbeitgeber geht? Kostenloses Wasser, ein Kickertisch oder der Obstkorb sind es jedenfalls nicht – davon ist Winfried Schröter überzeugt. Viel wichtiger ist es, so der Führungsexperte, echten menschlichen Kontakt zu den Mitarbeitenden aufzubauen und diesen mit gewissen Spielregeln zu untermauern. Die Fähigkeit, gutes Personal zu binden und zu motivieren, sei essenziell. Denn: Apotheken sollten ihr Hauptaugenmerk nicht auf Recruiting legen, sondern darauf, dass das bestehende Team bleibt. Durch gute Mitarbeiterbindung können die Zufriedenheit und die Begeisterung für den Job zunehmen und auch die Motivation und das Engagement steigen – dies senke die Fluktuation und erhöhe den Unternehmensgewinn.
Generell sei eine Machtverschiebung zu beobachten, weg vom Arbeitgeber – hin zum Arbeitnehmermarkt. »Uneinsichtige« Unternehmen würden vom Markt gefegt, die Mega-Trends seien außerdem Individualität und Flexibilität am Arbeitsplatz. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels sei das »Buhlen um Mitarbeitende« schon entbrannt – doch Schröter behauptet: »Fachkräfte fehlen nicht, sie arbeiten nur woanders«. Der einzige Ausweg sei deshalb, ein attraktiver Arbeitgeber zu werden. Dies entfalte im besten Falle eine gewisse »Sogwirkung«, sodass ehemalige Teammitglieder wiederkommen, wenn die Bedingungen stimmen oder Bewerber durch die positive Außenwirkung angezogen werden. »Mangelnde Arbeitgeberattraktivität gefährdet die Existenzfähigkeit des Unternehmens«, so Schröter. Dabei spielen laut des Experten monetäre Anreize weit weniger eine Rolle als eine zielgruppenspezifische Ausrichtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: »Das heißt, dass Sie korrekter loben oder mit Kritikgesprächen wesentlich professioneller umgehen«, erklärt er. Ein Lob an der richtigen Stelle sei viel wichtiger, als ein Lob an der falschen Stelle. Außerdem sollten sich Führungskräfte emotional auf ihre Mitarbeitende einstellen und ihnen »am besten in die Augen schauen, nicht aneinander vorbei«.
Mitarbeiterbindung beinhaltet laut Schröter verschiedene Aspekte: Führung, Wertschätzung durch täglichen Smalltalk, Augenhöhe, Teamgefühl und die Erzeugung von Sicherheit. »Der Preis für Personalmanagement ist Zeit«, wie Schröter sagt. »Mitarbeiter lieben es, wenn Sie ihnen Zeit schenken bei einem Gespräch. Das ist echte menschliche Beziehung, die dabei entsteht«. Vor allem Führungskräfte sollten ihre Position dabei nutzen.
Entscheidend sei es außerdem, im Team gewisse Spielregeln für das tägliche Miteinander aufzustellen. Das Mantra sollte dabei lauten: »Wir spielen nicht gegeneinander, sondern miteinander«, so der Experte. Dabei müssen sich Führungskräfte fragen: Welche Spielregeln wünschen ich mir für mein Team? Welche Werte – beispielsweise Pünktlichkeit oder Loyalität – sind mir wichtig? Was wünscht sich mein Team von mir und von seinen Kolleginnen und Kollegen? »Wenn Sie die Spielregeln nicht durchdiskutieren, wird getuschelt«, weiß Schröter – dies sollte unbedingt vermieden werden. Ratsam sei es, die besprochenen Regeln gesammelt aufzuschreiben, auszudrucken, von allen unterschreiben zu lassen und laminiert ins Geschäft zu hängen. »Wenn etwas schief geht, weisen sich die Mitarbeitenden gegenseitig zurecht« – dies sei ein großer Vorteil. Schröters Fazit: Die Stimmung im Team ist das einzige, was Führungskräfte beeinflussen können.