Evolutionsforscher mit Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet |
Theo Dingermann |
04.10.2022 10:30 Uhr |
Langsam tastete sich Pääbo an seine großen Erfolge heran, die jetzt mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden. Zunächst sequenzierte er ein Mitochondrien-Genom eines Neandertalers. Das war 2008 und damals waren die Techniken zur Isolierung, Aufreinigung und Sequenzierung kleinster Mengen von DNA nach heutigen Standards noch erschreckend unterentwickelt. 2010 hatte er dann eine erste Version des Neandertalergenoms und das mitochondriale Genom eines Denisova-Menschen entschlüsselt. Eine fast vollständige Version des Neandertalergenoms publizierte Pääbo schließlich im Jahr 2013.
Er konnte zeigen, dass auch die DNA der heutigen nicht afrikanischen Menschen circa zwei Prozent Neandertaler-DNA enthalten, wohingegen das Genom von Menschen mit afrikanischer Abstammung nicht mit Neandertaler-Erbinformation durchsetzt ist. Die DNA, die in den Genomen der Menschen mit europäischer, asiatischer oder fernöstlicher Abstammung enthalten ist, ist zudem keineswegs neutral. Sie stärkt beispielsweise das Immunsystem der modernen Menschen, trägt jedoch auch heute noch zur Anfälligkeit für mehrere Krankheiten bei. Neandertaler-Genvarianten können sogar das Risiko für schwere Covid-19 Verläufe sowohl erhöhen als auch verringern, wie Forscher an Pääbos Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und am Karolinska Institut in Schweden zeigen konnten.
Der Nobelpreis markiert den vorläufigen Höhepunkt einer Karriere, die bereits zuvor mit unzähligen hochrenommierten Preisen dekoriert wurde. Und Pääbo ist auch nicht der Einzige in der Familie, der Herausragendes geleistet hat. Auch Pääbos Vater, Professor Dr. Sune Bergström, wurde mit dem Nobelpreis für Physiologie oder Medizin geehrt, den er gemeinsam mit Professor Dr. Bengt Ingemar Samuelsson und Sir John Robert Vane 1982 für bahnbrechende Arbeiten über Prostaglandine und naheverwandte biologisch aktive Substanzen erhielt.