EU-Zulassungsempfehlung für Sotatercept |
Sven Siebenand |
01.07.2024 16:15 Uhr |
Die pulmonale arterielle Hypertonie betrifft die Lungenarterien, die das Blut von der rechten Herzhälfte in die Lunge transportieren. / Foto: Adobe Stock/yodiyim
PAH ist eine seltene, fortschreitende und lebensbedrohliche Erkrankung, bei der sich die Blutgefäße in der Lunge verdicken und verengen. Die Betroffenen weisen daher einen besonders hohen Blutdruck in den Lungenarterien auf. Viele Patienten leiden unter Atembeschwerden, die sie in ihrer körperlichen Aktivität stark einschränken. Trotz eine Reihe von zugelassenen Therapien, etwa Endothelin-Rezeptorantagonisten, Phosphodiesterase-5-Hemmer, Prostazyklin-Analoga oder Stimulatoren der löslichen Guanylatzyklase, ist die Langzeitprognose der Betroffenen nach wie vor schlecht. Schätzungsweise die Hälfte der Patienten stirbt innerhalb von fünf bis sieben Jahren nach der Diagnose.
Die EMA hat aktuell empfohlen, Sotatercept in Kombination mit anderen PAH-Therapien für die Behandlung erwachsener Patienten der WHO-Funktionsklasse II bis III zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit zuzulassen. Es wäre der erste Arzneistoff einer neuen Wirkstoffklasse.
Sotatercept ist ein erster Aktivin-Signalweg-Inhibitor. Bei PAH liegt ein Ungleichgewicht zwischen proproliferativer (Activin-IIa-Smad2/3-Weg) und antiproliferativer (BMPR-II-Smad1/5/8-Weg) Signalübertragung vor. Die proproliferative Signalübertragung gewinnt die Überhand, was zum Umbau von Lungengefäßen führt.
Sotatercept besteht aus der extrazellulären Domäne des humanen Aktivinrezeptors Typ IIA und der Fc-Domäne von humanem IgG1. Das Fusionsprotein wirkt wie eine Ligandenfalle. Es bindet Liganden des genannten Rezeptors wie Activin A, sodass diese nicht mehr an den eigentlichen Rezeptor andocken können. Das reduziert die proproliferative Signalübertragung und bringt wachstumsfördernde und wachstumshemmende Signale wieder ins Gleichgewicht.
Die EMA-Empfehlung stützt sich auf die Ergebnisse der randomisierten und placebokontrollierten Doppelblindstudie STELLAR, in welcher Wirksamkeit und Sicherheit von Sotatercept bei 323 Erwachsenen mit PAH, die seit mehr als 90 Tagen stabil mit einer PAH-Hintergrundtherapie behandelt wurden, untersucht wurden. Die Phase-III-Studie zeigte, dass sich die körperliche Leistungsfähigkeit der Patienten im Sotatercept-Arm, gemessen an der Entfernung, die sie innerhalb von sechs Minuten zurücklegen konnten, zu Beginn der Behandlung und nach 24 Wochen deutlich verbessert hat.
Das Biologikum muss alle drei Wochen einmal subkutan injiziert werden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerz, Nasenbluten, Hautausschlag, Teleangiektasien, Durchfall, Schwindel und Rötungen. Obwohl Sotatercept im Allgemeinen gut vertragen wird, gab es seltene Berichte über schwerwiegende Nebenwirkungen, die das Blut betreffen, etwa erhöhter Blutdruck, Thrombozytopenie und erhöhte Hämoglobinkonzentration. Die beiden letztgenannten Zustände werden laut EMA als beherrschbar angesehen, wenn die Sotatercept-Dosis angepasst wird.
Abschließend muss nun die EU-Kommission entscheiden, ob sie dem Votum des EMA-Gremiums folgt und Winrevair zulässt. In der Regel folgt sie den EMA-Empfehlungen.