EU will Pharmafirmen in die Pflicht nehmen |
Abwässer sollen künftig besser gereinigt werden. An den Kosten sollen sich auch Pharmahersteller beteiligen. / Foto: Adobe Stock/darknightsky
Durch Medikamente und kosmetische Produkte gelangen viele Mikroschadstoffe ins Abwasser, die die Klärwerke nicht immer herausfiltern können. Daher setzt sich die EU-Kommission schon seit dem Herbst 2022 dafür ein, dass sich Pharma- und Kosmetikhersteller an den Kosten einer vierten Reinigungsstufe in Kläranlagen beteiligen müssen. Gut ein Jahr später, am 5. Oktober vergangenen Jahres, bekräftigte das EU-Parlament diesen Plan und stimmte dem überarbeiteten Entwurf der neuen EU-Abwasserrichtlinie zu. Außerdem beschlossen die EU-Parlamentarier, dass die erweiterte Herstellerverantwortung durch eine nationale Finanzierung ergänzt werden soll.
In diesem Jahr nähert sich das Vorhaben der Zielgeraden. Am Montag gab der Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des EU-Parlaments grünes Licht für die vorläufige Einigung auf die überarbeitete Richtlinie. Mit 67 Ja-Stimmen bestätigte der Ausschuss den Kompromiss, den EU-Parlament und EU-Rat am 29. Januar ausgehandelt hatten.
Die neu gefasste Richtlinie verpflichtet bereits kleine Gemeinden ab 1000 Einwohnern, kommunale Abwassersysteme einzurichten. Bisher besteht diese Pflicht erst für Gemeinden ab 2000 Einwohnern. Strengere Vorgaben sollen auch bei der Entfernung bestimmter Schadstoffe wie Stickstoff und Phosphor bei der Drittbehandlung in Großanlagen gelten.
Um ein möglichst breites Spektrum von Mikroverunreinigungen in Abwässern zu beseitigen, sieht die Richtlinie auch eine bessere Reinigung kommunaler Abwässer vor. An der Finanzierung soll sich die Industrie maßgeblich beteiligen. Dabei gilt das Verursacherprinzip: Da Arzneimittel- und Kosmetikhersteller das Abwasser mit ihren Produkten stark verunreinigen, sollen sie bei Mikroverunreinigungen mindestens 80 Prozent der Kosten für die Abwasserbehandlung tragen. Der Beitrag soll über ein System der erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility, EPR) erfolgen.
Die Novelle enthält zudem neue Pflichten, mit denen Viruslasten (zum Beispiel SARS-CoV-2) und die Verschmutzung mit Mikroplastik besser überwacht werden sollen. Außerdem sieht die Richtlinie vor, dass der Sektor der kommunalen Abwasserbehandlung bis 2045 energieneutral sein muss. Das soll etwa durch die Nutzung erneuerbarer Energiequellen gelingen. Die EU-Mitgliedsstaaten erhalten weiterhin die Pflicht, den Zugang zu sanitären Einrichtungen für alle Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Darüber hinaus ist geplant, die Öffentlichkeit besser zu informieren.
Als Nächstes muss das EU-Parlament die Neufassung der Richtlinie noch formal billigen. Dafür haben die Parlamentarier in der Woche vom 22. bis 25. April Gelegenheit. Stimmen sie zu, tritt das Gesetz 20 Tage nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft.
Doch bis die Abwässer tatsächlich besser gereinigt werden, wird es noch eine Weile dauern. Denn auch wenn die neue EU-Richtlinie im Mai in Kraft treten sollte, haben die Mitgliedsstaaten anschließend noch 30 Monate Zeit, um sie in nationales Recht umzusetzen.