EU-weite Lieferengpass-Datenbank geplant |
Die in Amsterdam ansässige Europäische Arzneimittelagentur soll mehr Kompetenzen erhalten und eine Plattform zur Vermeidung von Arzneimittel-Lieferengpässen aufbauen. Die Rolle der Apotheken dabei ist noch unklar. / Foto: imago images/VWPics
Die Europäische Arzneimittelagentur – EMA soll in Sachen Krisenvorsorge und Krisenmanagement in Zukunft mehr Aufgaben und Macht bekommen. Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten einigten sich am Donnerstag darauf, das Mandat der Behörde in Amsterdam zu stärken. Ein Teil des Reformpakets ist der Umgang mit drohenden und schon bestehenden Arzneimittel-Lieferengpässen.
Konkret einigten sich Rat und Parlament zunächst darüber, ab welchem Zeitpunkt das Großereignis »Krise« besteht und somit weitere Maßnahmen der EMA ausgelöst werden können. Unter anderem wurde in diesem Rahmen eine Liste versorgungskritischer Arzneimittel definiert, die in einem Krisenfall automatisch zur Geltung kommt, damit die dort gelisteten Arzneimittel in besonderem Maße vor einem Engpass geschützt werden können. Des Weiteren sollen in der EMA mehrere neue Gremien etabliert werden, die regelmäßig zusammenkommen, um über die Versorgungslagen – auch im Bereich der Arzneimittelversorgung – zu beraten und mögliche Reaktionen auf Engpässe zu beschließen. Um massive Arzneimittel-Lieferengpässe zu vermeiden, haben sich beide Parteien außerdem darauf geeinigt, dass potenzielle und tatsächliche Engpässe bei Arzneimitteln, die als kritisch für die Bewältigung von Notlagen angesehen werden, überwacht und gemindert werden sollen.
Die EU-Kommission hatte als Reaktion auf die Coronavirus-Krise schon im vergangenen Jahr einen ersten Entwurf für ein solches Krisenpräventions-Paket vorgelegt. Darin enthalten war auch eine für Apotheker relevante Passage: Demnach sollen Hersteller, Großhändler und Apotheker in ganz Europa künftig eine Lieferengpass-Plattform mit Daten zur aktuellen Versorgungslage füttern. Der Plan zur Einrichtung dieser Plattform ist auch in der Einigung zwischen Rat und Parlament noch am leben: Laut einer Mitteilung des Parlamentes hat man sich auf eine »Europäische Engpass-Überwachungsplattform« geeinigt. Wie diese genau funktionieren soll, welche Daten dort enthalten sind und inwiefern die Apotheken gegebenenfalls regelmäßig aus ihren Lagerbeständen berichten müssten, ist noch völlig unklar. Denn zumindest in den Mitteilungen zur gestrigen Einigung gehen weder der Europäische Rat noch das Parlament ins Detail.
Der Standesvertretung der Apotheker in Deutschland wäre eine solche Plattform, die nicht nur in Krisenzeiten, sondern auch im Regelbetrieb möglicherweise Echtzeit-Daten aus Apotheken verlangt, ein Dorn im Auge. Die ABDA hatte bezüglich der Pläne der EU-Kommission schon im August dieses Jahres einen Brief an das Bundesgesundheitsministerium geschrieben, in dem die Standesvertretung um Unterstützung bittet. Der Vorschlag sei inakzeptabel und schieße weit über das erforderliche Maß hinaus, heißt es dort. Und weiter: »Der Aufbau und der Betrieb einer solchen unionsweiten Datenbank würde einen unverhältnismäßigen finanziellen und organisatorischen Aufwand bedeuten, der in keiner vernünftigen Relation zum zu erwartenden Nutzen steht.«