EU-Staaten stimmen für Lieferkettengesetz |
Das EU-Lieferkettengesetz hat erneut keine Mehrheit unter den Mitgliedsstaaten gefunden. Der Einigung unter den EU-Staaten ging ein wochenlanges Gezerre voraus. / Foto: TIM BIELER
Deutschland hat sich wegen Uneinigkeit in der Bundesregierung bei der Abstimmung im Ausschuss der ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten vergangene Woche enthalten – wie so oft bei wichtigen EU-Gesetzen. Die Bundesregierung steht immer wieder in der Kritik, keine klare Position zu EU-Vorhaben zu haben. Daher werden wie im Fall des Lieferkettengesetzes Mehrheiten ohne Deutschland gefunden, was die Verhandlungsposition der Bundesrepublik schwächt.
In Berlin drängte die FDP darauf, dass Deutschland nicht zustimmt, denn die Liberalen befürchten, dass sich Betriebe aus Angst vor Bürokratie und rechtlichen Risiken aus Europa zurückziehen. Politiker von SPD und Grünen befürworten das Vorhaben hingegen. Die Unstimmigkeiten hatten zu einem offenen Schlagabtausch in der Ampel-Koalition geführt. Entsprechend zeigte sich Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) nach der Entscheidung erfreut. »Endlich hat das EU-Lieferkettengesetz nach langer Zitterpartie diese Hürde genommen«, teilte die Ministerin am vergangenen Freitag in Berlin mit. Auch die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Yasmin Fahimi, begrüßte die Einigung.
»Wir hätten uns eine bürokratieärmere und praxistaugliche Lieferkettenrichtlinie gewünscht«, sagte der FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, kündigte an: »Nach der Europawahl werden wir eine neue Debatte über die Lieferkettenrichtlinie anstoßen.« Dass es keine ausreichende Mehrheit gegen den »Bürokratie-Wahn« gegeben habe, heiße, man werde weiter für wirtschaftlichen Erfolg kämpfen.
Eine weitere Hürde muss das Gesetz noch nehmen, da das EU-Parlament dem Vorhaben zustimmen muss. Hier gilt eine Mehrheit als wahrscheinlich. Jedoch dürften Gegner des Vorhabens nun versuchen, diese Mehrheit zu kippen. So riefen bereits kurz nach der Abstimmung erste Wirtschaftsverbände die Abgeordneten des Europaparlaments öffentlich dazu auf, das Gesetz abzulehnen. Sie befürchten etwa hohen Aufwand durch Bürokratie, Wettbewerbsnachteile und Rechtsunsicherheiten. Formell muss das Vorhaben auch noch von den zuständigen Fachministern der EU-Staaten abgesegnet werden, nach der nun gefundenen Einigung ist das aber Formsache.
Der Einigung unter den EU-Staaten ging ein wochenlanges Gezerre voraus. Eigentlich hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten bereits im Dezember auf ein Lieferkettengesetz geeinigt. Im Grundsatz dient das Vorhaben dazu, dass große Unternehmen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie etwa von Kinder- oder Zwangsarbeit außerhalb der EU profitieren. Doch der Kompromiss fand zunächst keine Mehrheit und so wurde das Gesetz abgeschwächt.
Statt wie ursprünglich geplant, soll es etwa nicht länger für Firmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz gelten. Die Grenze wurde den Angaben zufolge auf 1000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben – nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren. An diesen Geltungsbereich soll sich stufenweise herangetastet werden. Nach einer Übergangsfrist von drei Jahren sollen die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinkt die Grenze auf 4000 Mitarbeitende und 900 Millionen Umsatz.