EU-Patentrecht stärkt Generika- und Biosimilar-Industrie |
Jennifer Evans |
06.04.2023 09:00 Uhr |
Europa bekommt in diesem Jahr ein einheitliches Patentsystem. Ziel dessen ist es, die Kosten für den Patentschutz zu senken sowie Innovationen zu fördern. / Foto: Adobe Stock/Bordinthorn
Die EU-Kommission hat in den vergangenen Jahren ein ganzes Paket voller Neuregelungen im Patentrecht geschnürt. Damit will sie das System europaweit vereinheitlichen sowie das gesamte Prozedere einfacher, transparenter und kostengünstiger gestalten. Außerdem verspricht sie sich von der Reform mehr Rechtssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit für die Unternehmen. Das einheitliche Patentsystem kann laut EU-Kommission zum 1. Juni 2023 angewandt werden.
Die Neuerungen betreffen unter anderem die ergänzenden Schutzzertifikate, die sogenannten Supplementary Protection Certificates (SPC). An diesem Punkt kommt der Arzneimittelmarkt ins Spiel. Patentinhaber erhalten einen finanziellen Ausgleich, wenn ihr Medikament zwar noch nicht auf dem Markt ist, der Schutz des geistigen Eigentums aber bereits besteht. Weil zwischen Patentanmeldung und Marktzulassung oft mehr als acht Jahre vergehen, hatte die EU-Kommission diesen Schritt für notwendig erachtet.
Außerdem stellen die Patentämter der EU-Mitgliedstaaten die SPCs derzeit sehr unterschiedlich aus, sodass es etwa zu Abweichungen der Geltungsdauer kommt. Nach Ansicht der Kommission erhöht das nicht nur die Kosten, sondern erschwert EU-Bürgern auch den Zugang zu neuartigen und bezahlbaren Medikamenten.
Eine gute Nachricht bedeuten die neuen Vorschriften für die Generika- und Biosimilar-Industrie. Hersteller von Nachahmer-Präparaten mit Sitz in der EU dürfen laut neuem Recht bereits dann für den Export produzieren, wenn das Originalarzneimittel in der EU noch durch ein Zertifikat geschützt ist. Das ermöglicht eine SPC-Ausnahmeregelung, die gleichzeitig Nachteile der EU-Hersteller im Wettbewerb beseitigen soll.
Nach Ansicht des Centrums für Europäische Politik (Cep) verringert die Ausnahmeregelung tatsächlich Wettbewerbsnachteile für europäische Generika- und Biosimilar-Unternehmen, die nicht in Drittländern produzieren können, und erhöht grundsätzlich auch die Standortattraktivität der EU. Aber: Die Vorteile sind demnach begrenzt, da die Hersteller nicht zu reinen Lagerzwecken für SPC-geschützte EU-Märkte produzieren dürfen. Das blockiere faktisch den Markteintritt für ein Arzneimittel ab Tag eins, an dem der SPC-Schutz auslaufe, so das Cep.
Allerdings geht das Cep davon aus, dass die EU perspektivisch einen sogenannten Stockpiling Waiver einführen wird. Eine Vorratsproduktion, die ebenfalls für den deutschen sowie den EU-weiten Markt gilt.