EU-Nutzenbewertung startet ab 2025 |
Jennifer Evans |
09.11.2022 14:45 Uhr |
Naturgemäß stehen bei einem solchen Konsensprozess Meinungsverschiedenheiten an der Tagesordnung. Das zeigt auch, dass dahinter unter anderem unterschiedliche Werte der verschiedenen EU-Länder stehen. Im europäischen Vergleich sieht Hecken mit Blick auf den Zugang zu Arzneimitteln in Deutschland generell keinen Nachholbedarf. Er hat aber Sorge, dass die europäische Bewertung für die nationale Bewertung verbindlich werden könnte. Damit würde die EU mehr Eingriffsrecht in die einzelnen Gesundheitssysteme erhalten, während zurzeit noch Spielräume für nationale Nutzenbewertungen bestünden. Die Frage sei jetzt, wo die Grenzen lägen und auf was sich die Mitgliedstaaten einigten, so Hecken bei der Pharma-Trends-Tagung des Forum Instituts für Management.
Zum Hintergrund: HTA-Berichte dienen Ärzten, Kassen, Patienten und Gesundheitsbehörden dazu, sich wissenschaftliche Informationen zum Nutzen, Risiko, Kosten und Auswirkungen von Verfahren und Technologien in Bezug auf die gesundheitliche Versorgung zu holen. Aktuell arbeitet der G-BA zusammen mit dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an der Umsetzung der EU-Verordnung. Bis Dezember 2024 muss der europäische Verfahrensablauf stehen und die nationalen Verfahren müssen angepasst sein.
Eine gemeinsame Bewertung für Onkologika sowie neuartige Therapien Advanced Therapy Medicinal Products (ATMP) steht nämlich bereits ab 2025 an. Ab 2028 folgen dann die Orphan Drugs und schließlich alle anderen Verfahren inklusive neuer Anwendungsgebiete und Medizinprodukte ab 2030.
Die deutschen Regelungen aus dem Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) gelten meist weiter. Änderungen daran sind aber in Zukunft durchaus zu erwarten, wenn es darum geht, die nationalen Verfahren anzupassen. Betroffen von der EU-Verordnung ist nur die erste Stufe des AMNOG-Verfahrens, also die Bewertung der klinischen Studienlage. Während der G-BA dafür heute das IQWiG beauftragt, wird das Institut demnächst auf europäischer Ebene selbst an dem europaweiten HTA-Bewertungsbericht mitarbeiten. Allerdings erwartet Hecken, dass die Zeitpläne für die Bewertungsverfahren demnächst stark abhängig von europäischen Abläufen sein dürften.