EU-Kommission will umstrittene Richtlinie prüfen |
Die EU-Kommission will die umstrittene Richtlinie noch einmal prüfen / © IMAGO/Andia
Seit dem 1. Januar ist die neue EU-Kommunalabwasser-Richtlinie (KARL) in Kraft. Die Richtlinie sieht eine vierte Klärstufe zur Entfernung von Mikroschadstoffen vor. Die Pharma- und Kosmetikhersteller sollen sich gemäß des Verursacherprinzips zu mindestens 80 Prozent an den Kosten der neuen Klärstufe beteiligen. Bisher wurde die EU-Richtlinie allerdings noch nicht in deutsches Recht umgesetzt.
Vertreter der Industrie laufen Sturm gegen die Vorgaben aus Brüssel. Sie warnen vor dem Abwandern der Produktion und einer deutlichen Verteuerung von Arzneimitteln. In der vergangenen Woche berichtete der »Spiegel«, dass Generikahersteller erwägen, Metformin-haltige Präparate vom Markt zu nehmen. Die durch die EU-Vorgaben entstandenen Mehrkosten seien für die Hersteller nicht zu stemmen.
Diese Kritik wird offenbar auch in Brüssel gehört. Das Europäische Parlament hat die Europäische Kommission im Mai dazu aufgefordert, eine neue umfassende Bewertung zu den Auswirkungen der Kommunalabwasser-Richtlinie zu den Auswirkungen auf die Arzneimittelversorgung vorzunehmen. Auch der EU-Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi hat dies bereits befürwortet.
Am Mittwoch gab die EU-Kommission bekannt, dass sie die durch die erweiterte Herstellerverantwortung entstehenden Kosten und Auswirkungen auf die betroffenen Sektoren (Pharma und Kosmetik) noch einmal prüfen will.
Die Pharmaindustrie sieht in der neuen Evaluierung einen Erfolg. »Endlich ist unsere Kritik an der KARL bei der Kommission angekommen. Wir erwarten, dass die beschlossene Studie die bereits bekannten Mängel an der Richtlinie bestätigt und damit einen Prozess einleitet, der zu einer seriösen und datenbasierten Folgenabschätzung führt. Dabei müssen insbesondere die Folgen für die Versorgungssicherheit mit Human-Arzneimitteln berücksichtigt werden«, betont Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender von Pharma Deutschland, in einer Pressemitteilung.
»Es bleibt nicht mehr viel Zeit, die schwerwiegenden Folgen der Richtlinie einzudämmen. Wir fordern daher die Kommission auf, die Studie schnell vorzulegen und eine Anpassung der Richtlinie vorzunehmen«, so Wieczorek weiter.
Auch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) sieht man die Richtlinie mit Sorge. »Es ist davon auszugehen, dass die Regelungen der Kommunal-Abwasserrichtlinie sich auch auf die Arzneimittel auswirken werden. In welchem Umfang einzelne Arzneimittel betroffen sein werden, ist von zahlreichen Faktoren abhängig, die derzeit noch analysiert werden«, heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums. Die Bundesregierung befinde sich derzeit in Abstimmung mit den Akteuren und wolle diesen laufenden Prozess nicht weiter kommentieren.