EU erlaubt für weitere 10 Jahre Glyphosat |
Durch weniger Wildpflanzen auf und neben den Feldern gibt es geringeren Lebensraum für Insekten und Feldvögel. Das schadet auch der Landwirtschaft selbst, denn deren Erträge hängen maßgeblich von bestäubenden Insekten ab. Und das Herbizid findet sich letztlich in der gesamten Nahrungskette - bis hin zu Säugetieren. Eine Studie der Universität Konstanz kommt zu dem Schluss, dass Glyphosat die Lernfähigkeit von Hummeln beeinträchtigt, was ihre Fortpflanzungs- und Überlebenschancen verringere.
Darum kreist seit Jahren eine Debatte. Die Internationale Agentur für Krebsforschung, ein Gremium der Weltgesundheitsorganisation, stuft das Mittel 2015 als «wahrscheinlich krebserregend beim Menschen» ein. Das bedeutet, dass eine Krebsgefahr grundsätzlich möglich ist. In diese Kategorie fällt aber genauso rohes und verarbeitetes Fleisch. Im Gegensatz dazu schrieb etwa die Europäische Chemikalienagentur erst 2022 erneut, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht genügten, um Glyphosat als krebserregenden, genverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoff einzustufen.
Auch kommen unter anderen die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit, das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung und die US-Umweltbehörde EPA zu einem solchen Schluss. Genauso weist Glyphosat-Hersteller Bayer den Verdacht zurück, dass der Unkrautvernichter krebserregend sei.
Dennoch ist der Konzern in den USA mit zahlreichen Klagen konfrontiert. Bayer musste in bestimmten Fällen hohen Schadenersatz zahlen, hat andererseits aber auch Prozesse gewonnen.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis90/Die Grünen) hat die EU-Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat für weitere zehn Jahre kritisiert. Die Entscheidung der EU-Kommission trage auch dem Abstimmungsverhalten im zuständigen EU-Ausschuss nicht Rechnung, machte der Grünen-Politiker am Donnerstag in Berlin deutlich. »Ich bedauere das sehr«, sagte er. Wenn man für eine Wiederzulassung sei, hätte man dies auch sehr restriktiv für einen kürzeren Zeitraum machen können.
Zuvor hatten sich in einem EU-Berufungsausschuss weder genug Vertreterinnen und Vertreter der EU-Staaten für noch gegen einen weiteren Einsatz ausgesprochen. Daraufhin konnte die Kommission allein entscheiden. Deutschland hatte sich bei der Abstimmung erneut enthalten, wie Özdemir erläuterte. Hintergrund war demnach, dass die FDP für eine Zulassungs-Verlängerung eingetreten war, die Grünen sich aber dagegen ausgesprochen hatten.
Mit Blick auf das weitere Vorgehen verwies Özdemir auf die im Ampel-Koalitionsvertrag getroffene Vereinbarung, Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt zu nehmen. »Insofern gehe ich davon aus, dass alle drei Koalitionspartner sich dem gegenüber verpflichtet fühlen und das jetzt gemeinsam umsetzen, so dass wir im Rahmen dessen, was Brüssel festgelegt hat, jetzt unseren nationalen Spielraum nutzen.«