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Interview Matthias Mieves

»Es wird immer schwieriger, eine Apotheke am Leben zu halten«

Im PZ-Interview kommentiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Mieves die Eckpunkte der Apothekerreform und erklärt, warum Apotheken eine Art Gesundheitscoaches sind. Zudem äußert er sich zu seiner Offenheit für mehr Dialog mit Apotheken und der Pharmaindustrie.
AutorKontaktAlexandra Amanatidou
Datum 06.10.2025  16:20 Uhr

PZ: Sie wünschen sich einen »digitalen Coach«, mit dem die Bürgerinnen und Bürger ihre Gesundheit verbessern können. Ist der analoge Coach nicht der Apotheker oder die Apothekerin?

Mieves: Ja, die Vor-Ort-Coaches sind die Apothekenteams. Ich bin der Meinung, dass die Apothekerinnen und Apotheker sowie ihre Teams bereits jetzt hervorragende Gesundheitscoaches sind. So werden sie übrigens auch von der Bevölkerung wahrgenommen. Vielleicht ist der Begriff »Coach« noch nicht so geläufig, aber genau diese Rolle übernehmen die Teams jetzt schon. Ich bin der Meinung, dass die Teams in den Apotheken noch mehr können. Deshalb arbeiten wir jetzt daran, dass sie auch mehr dürfen und eine entsprechende Vergütung bekommen für das, was sie sowieso schon tun.

PZ: Die von Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) vorgestellte Apothekenreform sieht keine Honorarerhöhung vor. Was halten Sie davon?

Mieves: Aus meiner Sicht sind die von der Gesundheitsministerin vorgestellten Eckpunkte in der Summe sehr gut und spiegeln das wider, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben. Wir wollen die Apotheken vor Ort durch eine Aufwertung mit mehr Möglichkeiten und Kompetenzen stärken. Der einzige Punkt, der zurückgestellt, aber nicht abgesagt wurde, ist das Packungsfixum. Die Ministerin hat auch ausdrücklich betont, dass dieses Thema nicht von der Agenda entfernt wurde. Was aber drin ist und viel zu wenig im öffentlichen Fokus stand, ist die Einführung des sogenannten Verhandlungsmechanismus. In Zukunft können die Apotheken jährlich eine Vergütungsanpassung verhandeln. Das ist ein deutlicher Fortschritt im Vergleich zur aktuellen Lösung. Aktuell passiert beim Packungsfixum nämlich über viele Jahre hinweg nichts. Mit der neuen Regelung wird jährlich verhandelt und eine Anpassung vorgenommen. Das halte ich für eine klare Verbesserung.

PZ: Die Apotheken sollen zudem mehr Freiheit beim Austausch von Arzneimitteln haben, die Krankenkassen kritisieren das.

Mieves: Ich unterstütze den erleichterten Austausch von Medikamenten zu 100 Prozent. Bisher wurden die Apotheken durch viele kleinteilige Regelungen und Dokumentationspflichten belastet, die die Arbeit der Teams jeden Tag erschweren. Ich hatte mich deshalb in den Koalitionsverhandlungen dafür eingesetzt, den Teams in den Apotheken möglichst viel Freiheit zu geben. Denn in den Vor-Ort-Apotheken müssen sie in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, um Patientinnen und Patienten möglichst schnell gut zu versorgen. Deshalb unterstütze ich das uneingeschränkt, was dazu im Eckpunktepapier steht.

PZ: Besonders kritisch diskutiert wird über die geplante PTA-Vertretung. Wie stehen Sie zu dem Thema?

Mieves: Es ist nicht der Plan der Koalition, dass PTA die Aufgaben einer Apothekerin oder eines Apothekers komplett übernehmen. Es geht um temporäre Vertretungen. Wie diese konkret ausgestaltet werden, welche Zeiträume und Rahmenbedingungen gelten, wird im Gesetzentwurf erarbeitet. Mir geht es um eine gute Lösung, die es den Teams in den Apotheken einfacher macht, ihre Arbeit zu organisieren. Es wird immer schwieriger, eine Vor-Ort-Apotheke zu führen und am Leben zu halten. Deshalb muss die Politik die Rahmenbedingungen anpassen und prüfen, wo Flexibilisierungen sinnvoll sein könnten. Wir sind sehr offen für gute Vorschläge aus der Apothekerschaft, wenn es jetzt um die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes geht.

PZ: Sie leiten das SPD-Fachforum »Industrielle Gesundheitswirtschaft« und setzen sich für einen verstärkten Pharmadialog ein. Was ist das Ziel?

Mieves: Ich bin grundsätzlich ein Fan vom Dialog. Ich finde es problematisch, wenn in unserer politischen Bubble Dinge festgelegt werden, die andere Lebensbereiche betreffen, ohne die Menschen, die dort arbeiten, einzubeziehen. Gesetze und politische Regelungen werden besser, wenn sie im Dialog und in Zusammenarbeit erarbeitet werden. Aus diesem Grund habe ich mich gefreut, dass ich das Fachforum Gesundheitswirtschaft der SPD weiterführen darf. Bei der ersten Veranstaltung in diesem Jahr ging es darum, die Rahmenbedingungen in Deutschland weiterzuentwickeln, um die Versorgung zu verbessern und den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken.

PZ: Kann die Pharmaindustrie die neue Autoindustrie Deutschlands werden?

Mieves: Wenn die Autoindustrie ein Sinnbild für eine starke Leitwirtschaft in Deutschland ist, dann sage ich ganz klar »Ja«. Mein erklärtes Ziel ist es, die Gesundheitswirtschaft in Deutschland zur Leitwirtschaft der kommenden Jahre zu machen. Denn die Branche ist heute schon stark und hat noch mehr Potenzial. Wir müssen zwei konkrete Bereiche anschauen, unterstützen und erleichtern: Forschung und Entwicklung. Beim Datenschutz etwa gibt es immer noch zerklüftete Verantwortlichkeiten zwischen den Landesbehörden, was zu unnötiger Bürokratie führt. Außerdem müssen wir Daten für die Forschung besser standardisieren, verknüpfbar und nutzbar machen. Im Produktionsbereich sind wir in den vergangenen Jahrzehnten in große Abhängigkeiten von Ländern wie China oder Indien geraten. Deshalb müssen wir prüfen, wie wir Standardmedikamente wieder mehr in Deutschland und Europa produzieren können. Die konkreten Maßnahmen entwickeln wir im Dialog mit der Pharmaindustrie. Davon können alle profitieren.

PZ: Welche konkreten Maßnahmen können Sie sich vorstellen, um Bürokratie abzubauen?

Mieves: Es gibt keine Einzelmaßnahme, die den durchschlagenden Erfolg in puncto weniger Bürokratie und Einfachheit bringt. Aber ein Beispiel ist die Vereinfachung der Bevorratung von Medikamenten in Deutschland. Hier könnten wir Bulkware vorhalten und sie bei konkretem Bedarf verblistern und verpacken. Damit wären wir flexibler und könnten diese Medikamente auch in anderen Ländern einsetzen, bevor sie verfallen. Wenn sie in Deutschland gebraucht werden, könnten wir sie trotzdem sehr zügig verblistern und verpacken.

PZ: Im Haushalt für das Jahr 2026 ist vorgesehen, mehr Mittel für die Cybersicherheit von Einrichtungen, auch aus dem Gesundheitswesen, zur Verfügung zu stellen. Die Summe ist sogar von 2 Millionen auf 189 Millionen gestiegen. Warum ist Cybersicherheit so wichtig?

Cybersicherheit muss eine größere Bedeutung für den Bereich Gesundheit einnehmen. Leider gibt es bereits täglich Hackerangriffe in allen Bereichen der kritischen Infrastruktur, wozu auch Apotheken und der Gesundheitsbereich gehören. Ich halte es für äußerst wichtig, dass wir mehr investieren, um abwehrfähig zu sein und Resilienz aufzubauen.

PZ: Die Ministerin schließt Leistungskürzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht aus. Welche Leistungen sind für Sie unantastbar?

Mieves: Mir ist wichtig, dass wir jetzt nicht über Leistungskürzungen reden. Zunächst muss es darum gehen, unser System mit strukturellen Reformen besser, effizienter und zielgenauer aufzustellen. Wir haben an einigen Stellen Effizienzreserven, die ungenutzt bleiben. Mir ist klar, dass das schwierig ist, aber nur so können wir ein bezahlbares System und eine gute Versorgung erreichen.

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