Pharmazeutische Zeitung online Avoxa
whatsApp instagram facebook bluesky linkedin xign

Welt-Aids-Tag
-
»Es gibt viel Ehrfurcht vor HIV in Apotheken«

Die PZ besuchte eine Apotheke mit HIV-Schwerpunkt. Für das Apothekenteam sind emotionale Geschichten Alltag. Wie läuft die Beratung ab und was wünschen sie sich von der Politik?
AutorKontaktAlexandra Amanatidou
Datum 28.11.2025  18:00 Uhr

Reik Hofmann ist Apotheker und beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema HIV/ Aids. Seit zwei Jahren arbeitet er in der Witzleben-Apotheke in Berlin, die seit 1995 einen Schwerpunkt auf HIV setzt. Eigenen Angaben zufolge versorgt und berät die Berliner Apotheke circa 400 Patientinnen und Patienten im Bereich HIV und Hepatitis pro Monat.

Diesen Monat zum Beispiel beriet Hofmann einen jungen Patienten, der eine der ersten Packungen seiner HIV-Therapie erhalten hatte. Eine halbe Stunde lang haben sie miteinander im Beratungsraum geredet. Dabei ging es um mögliche Wechselwirkungen der Therapie mit Nahrungsergänzungsmitteln sowie um die regelmäßige Einnahme der Medikamente. Doch auch persönliche Fragen und Probleme kamen zur Sprache. Für die Eltern des Patienten, die aus dem ländlichen Raum kommen, war die Diagnose ein großer Schock. Somit muss er sich nicht nur mit der Infektion auseinandersetzen und seinen Alltag ändern, sondern auch seine Eltern emotional unterstützen.

Apotheker fordert HIV-Beratung als pharmazeutische Dienstleistung

Im Laufe der Zeit habe der Apotheker »eine dicke Haut« bekommen. »Wenn man in einer Apotheke arbeitet, in der verletzliche Gruppen zum Alltag gehören, dann stumpft man zwar nicht ab, aber man lernt, damit umzugehen und die Geschichten nicht mit nach Hause zu nehmen.«

Die meisten Fragen beziehen sich auf die Anwendung der Medikamente. Die Fragen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen, betreffen eine Umstellung der antiretroviralen Therapie, also einen sogenannten Therapie-Switch. Die Beratungen, die teilweise telefonisch durchgeführt werden, sind nicht immer mit einem Rezept verbunden. »Ich führe jeden Monat Beratungen mit Menschen durch, die keine Stammkunden sind oder kein Rezept bei uns einlösen. Da berate ich eine halbe Stunde lang, ohne einen Cent dafür zu bekommen«, sagt der Apotheker.

Von der Politik wünscht er sich pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) für HIV-Patientinnen und -Patienten. Momentan ist eine erweiterte Medikationsberatung möglich, allerdings nur, wenn der Person fünf oder mehr Arzneimittel verordnet sind. »Im HIV-Bereich sind die meisten Medikamente Kombinationspräparate, also sogenannte Single-Tablet-Regimen (STR). Diese zählen im Rahmen der Kriterien für die pDL jedoch nur als ein Arzneimittel.«

Das Apothekenteam könnte die erweiterte Medikationsberatung also nur anbieten, wenn die Patientinnen und Patienten zusätzlich zur HIV-Medikation auch mindestens vier weitere Arzneimittel anwenden. »Idealerweise müsste man es auf mindestens fünf Arzneistoffe oder Wirkstoffe ändern. Außerdem sollten HIV-Patientinnen und -Patienten grundsätzlich das Recht auf eine erweiterte Beratung pro Jahr haben«, findet Hofmann.

Mehr Fortbildungen für Apotheken im Bereich HIV

Ein weiteres Thema ist laut dem Apotheker eine mangelnde Fortbildung zum Thema Infektiologie für die öffentlichen Apotheken. Der SPD-Politiker Serdar Yüksel, dessen Schwerpunkt unter anderem HIV-Infektionen sind, wünscht sich, dass die Politik die Apotheken künftig noch stärker befähigt und unterstützt, »zum Beispiel durch gezielte Fortbildungen, klare Vergütungsstrukturen und eine engere Einbindung in Präventions- und Versorgungsnetzwerke«.

Tatsächlich ist das Angebot jedoch nicht sonderlich groß. Hofmann, sowie die meisten HIV-Schwerpunkt Pharmazeuten, erlangte sein Wissen selbst, indem er im Laufe der Jahre Fortbildungen, Konferenzen und Workshops besuchte. Die meisten davon waren für die Ärzteschaft konzipiert. »Die Szene ist aber offen genug. Auch als Pharmazeut ist man dort herzlich willkommen.«

Der Verein Deutsche Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken, kurz DAH²KA, versucht, das Angebot zu erweitern, bietet Fortbildungen in diesem Bereich an und verpflichtet die Mitglieder auf Qualitätsstandards. Hofmann selbst zählt zum pharmazeutischen Beirat des Vereins. Dem Netzwerk gehören aktuell deutschlandweit 84 Apotheken an, darunter auch die Witzleben-Apotheke. Das ist eine sehr überschaubare Zahl, wenn man bedenkt, dass es hierzulande rund 16.700 Apotheken gibt und HIV-Betroffene nicht nur in den Großstädten wohnen.

Diskriminierung von HIV-Patientinnen und -Patienten

Laut der im Jahr 2021 erschienenen Studie »Positive Stimmen 2.0« der Deutschen Aidshilfe (DAH) und des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) erleben 56 Prozent der HIV-Patientinnen und -Patienten Diskriminierung im Gesundheitswesen. Ein Teil von ihnen (16 Prozent) berichtete sogar, dass ihnen mindestens einmal eine zahnärztliche Versorgung verweigert wurde. 8 Prozent berichteten von ähnlichen Fällen bei allgemeinen Gesundheitsleistungen.

Ein weiterer Bereich, in dem HIV-Patientinnen und -Patienten Diskriminierung erfahren könnten, ist die elektronische Patientenakte (ePA). Das Argument lautet, dass jede Person im Gesundheitswesen eine HIV-Diagnose im System sehen könnte. Der Verein Deutsche Aidshilfe beklagt, dass der selbstbestimmte Umgang mit Gesundheitsinformationen zu kompliziert ist. Sensible Informationen könnten auch durch die Medikationsliste bekannt werden, die sowohl für Apotheken als auch für Praxen einsehbar ist.

Laut Manuel Hofmann, Referent für Digitalisierung bei der Deutschen Aidshilfe, hätten HIV-Schwerpunktpraxen berichtet, dass sie auf Wunsch von Patientinnen und Patienten die HIV-Medikamente wieder als Papierrezept ausstellen, um zu vermeiden, dass die HIV-Infektion über die Medikationsliste innerhalb des Gesundheitswesens bekannt wird. Dies geht aus einer Anfrage der PZ hervor.

Eine diskrete Beratung auf Augenhöhe, wie die der Witzleben-Apotheke, könnte positiv dagegen wirken. Für den Linken-Politiker Ates Gürpinar sollte »die Beratung in Apotheken zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen ein zentraler Bestandteil einer modernen, diskriminierungsfreien Versorgung sein«. Dies teilte er der PZ auf Anfrage mit. 

Laut Pharmazeut Hofmann wissen die meisten Apothekerinnen und Apotheker, dass HIV kein »Todesurteil«, sondern mittlerweile eine gut behandelbar chronische Infektion ist. »Trotzdem gibt es noch sehr viel Ehrfurcht vor dem Thema«, sagt er.

Frag die KI
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
BETA
Menü
Zeit
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
Zeit
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
Senden
SENDEN
KI
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
KI
KI
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa