Erstmals CAR-T-Zelltherapie bei soliden Tumoren erprobt |
Theo Dingermann |
03.06.2025 15:30 Uhr |
Bislang konnte man keine soliden Tumore wie Magenkarzinome mit der CAR-T-Zelltherapie angreifen. / © Getty Images/peterschreiber.media
Chimäre Antigenrezeptor-T-Zellen (CAR-T-Zellen) sind zur Behandlung hämatologischer Malignomen fest etabliert. Als Option zur Behandlung solider Tumore stieß diese Therapieoption bisher allerdings an ihre Grenzen. Jetzt berichtet im Wissenschaftsjournal »The Lancet« ein chinesisches Forscherteam um Professor Dr. Changsong Qi vom Beijing Key Laboratory of Cell & Gene Therapy for Solid Tumour am Peking University Cancer Hospital & Institute über die Ergebnisse einer Phase-II-Studie mit CAR-T-Zellen gegen fortgeschrittene Magenkarzinome und gastroösophageale Übergangstumore. Diese Studie (NCT04581473) ist die weltweit erste randomisierte kontrollierte Phase-II-Studie mit CAR-T-Zellen bei soliden Tumoren.
Die Forschenden behandelten die Patienten mit Satricabtagen autoleucel (satri-cel), einem CAR-T-Zellpräparat, das einen chimären Rezeptor gegen das Tight-Junction-Protein Claudin 18.2 (CLDN18.2) enthält. Tight Junctions sind die Bereiche, wo Epithelzellen aneinanderstoßen. Sie bestehen aus Transmembranproteinen, darunter auch Claudine, die weitgehend verhindern, dass Moleküle und Ionen unkontrolliert die Zwischenräume zwischen den Zellen passieren können (parazellulärer Weg). Claudin 18.2 wird selektiv und in hoher Dichte bei etwa 40 bis 60 Prozent der gastrointestinalen Tumore überexprimiert.
Insgesamt waren 156 Patienten mit fortgeschrittenem Magen- oder gastroösophagealem Übergangskarzinom in die Studie eingeschlossen. Diese hatten mindestens zwei vorangegangene, erfolglose Therapielinien erhalten, und in ihren Tumoren war eine Überexpression von CLDN18.2 nachgewiesen worden.
Von den eingeschlossenen Patienten hatten letztlich 88 Patienten satri-cel (1 bis 3 Infusionen) erhalten. Die mit der Anti-CLDN18.2-Spezifität ausgerüsteten autologen T-Zellen der Patienten wurden diesen nach lymphodepletierender Vorbehandlung reinfundiert. 48 Kontrollpatienten waren mit Standardtherapien (zum Beispiel mit Nivolumab, Paclitaxel oder Rivoceranib) behandelt worden.
Die Ansprechrate (ORR) betrug im satri-cel-Arm 35 Prozent versus 4 Prozent in der Kontrollgruppe. Das mediane Gesamtüberleben wurde um 2,4 Monate verlängert und das Sterberisiko sank in der Verumgruppe um 31 Prozent.
Nahezu alle Patienten (99 Prozent) im satri-cel-Arm zeigten mindestens ein moderates unerwünschtes Ereignis, im Vergleich zu 63 Prozent in der Kontrollgruppe. Als häufigste Nebenwirkung trat im Verum-Arm ein Zytoki-Freisetzungs-Syndrom (CRS) auf, wie man es bei analogen Behandlungen hämatologischer Neoplasien kennt. Die meisten Nebenwirkungen waren jedoch mild bis moderat.
In dieser Studie wird erstmalig eine substanzielle klinische Aktivität von CAR-T-Zellen gegen solide Tumoren in einem kontrollierten Setting gezeigt. Aktuell werden nur austherapierte Patienten nach diesem neuen Prinzip behandelt, sodass die Hoffnung besteht, dass bei einem früheren Einsatz einer CAR-T-Zelltherapie mit deutlich besseren Ergebnissen zu rechnen ist.