Erster Bluttest zur Alzheimer-Diagnose zugelassen |
Christina Hohmann-Jeddi |
21.05.2025 09:00 Uhr |
In den USA hat der erste Bluttest zur Diagnoseunterstützung der Alzheimer-Erkrankung eine Zulassung erhalten. Er könnte aufwendigere Verfahren ablösen. / © Adobe Stock/luchschen
Die US-Aufsichtsbehörde FDA hat den ersten Bluttest zur Diagnoseunterstützung der Alzheimer-Krankheit zugelassen. Der Test mit dem Namen Lumipulse® G pTau217/β-Amyloid 1-42 Plasma Ratio des Unternehmens Fujirebio Diagnostics dient der Früherkennung von Amyloid-Plaques im Gehirn – einem zentralen Merkmal von Alzheimer – bei Patienten ab 55 Jahren mit entsprechenden Symptomen. Das teilte die Behörde am 16. Mai mit.
Im Vergleich zu bisherigen Diagnosemethoden wie der Positronenemissionstomografie (PET) oder Lumbalpunktionen zur Liquorentnahme ist der Test weniger aufwendig und invasiv. Eine einfache Blutabnahme reicht aus, um das Verhältnis der beiden Proteine phosphoryliertes Tau217 und β-Amyloid 1-42 zu bestimmen, das mit dem Vorhandensein von Amyloid-Plaques korreliert. Sowohl pTau als auch β-Amyloid sind an der Pathogenese der Erkrankung beteiligt. Der Test könnte die Alzheimer-Diagnostik deutlich erleichtern und kostspielige sowie belastende Verfahren wie PET-Scans in vielen Fällen überflüssig machen.
In einer klinischen Studie mit 499 kognitiv beeinträchtigten Patienten habe der Test eine hohe Genauigkeit gezeigt, heißt es von der FDA. Bei 91,7 Prozent der Patienten mit positivem Testergebnis konnten Amyloid-Plaques auch im PET-Scan oder in der Liquoranalyse bestätigt werden. Bei negativem Testergebnis lag die Übereinstimmung bei 97,3 Prozent. Weniger als 20 Prozent der Ergebnisse waren nicht aussagekräftig.
Trotz dieser Werte warnt die FDA vor den Risiken möglicher Fehlbefunde. Falsch-positive Ergebnisse könnten zu unnötigen Behandlungen und psychischer Belastung führen. Falsch-negative wiederum könnten notwendige Therapien verzögern. Der Test ist daher nicht als alleinige Diagnosemethode gedacht, sondern soll im Zusammenspiel mit weiteren klinischen Informationen eingesetzt werden.
Mit rund sieben Millionen Betroffenen allein in den USA und einer erwarteten Verdopplung der Fallzahlen bis 2050 gelte Alzheimer als eine der drängendsten medizinischen Herausforderungen dieser Zeit, heißt es von der Behörde. Die FDA sieht in dem neuen Bluttest einen wichtigen Schritt hin zu einer früheren und leichter zugänglichen Diagnose.
Entwickelt wurde der Test von dem Unternehmen Fujirebio Diagnostics, Inc. Der Bluttest erhielt den Status eines »Breakthrough Device«, der die Prüfung und Zulassung besonders innovativer Verfahren beschleunigt. Der Test läuft auf dem vollautomatischen Gerätesystem Lumipulse® G1200 des Unternehmens, das in klinischen Laboren in den USA weit verbreitet ist. Der neue Ratio-Test ergänze den Lumipulse G β-Amyloid Ratio (1-42/1-40), der von der FDA im Mai 2022 für die Verwendung in Liquor zugelassen wurde, informiert der Hersteller.
In der EU ist bislang weder dieser noch ein anderer Bluttest zur Alzheimer-Diagnose zugelassen worden. Doch in spezialisierten Gedächtnisambulanzen und Forschungseinrichtungen kommen bereits verschiedene Verfahren zum Einsatz. Am weitesten verbreitet ist der PrecivityAD-Test des US-Unternehmens C₂N Diagnostics. Er misst mithilfe von Massenspektrometrie das Verhältnis der β-Amyloid-Peptide Aβ42 zu Aβ40 im Blut und kombiniert es mit genetischen Informationen zum ApoE-Status, einem Risikofaktor für Morbus Alzheimer. In mehreren europäischen Ländern ist der Test über Partnerlabore als sogenannte Labordienstleistung erhältlich, jedoch nicht als offiziell zugelassenes In-vitro-Diagnostikum.
Auch Tests auf Basis der Simoa-Technologie (Single Molecule Array), wie sie vom US-Hersteller Quanterix angeboten werden, spielen in der Forschung eine wichtige Rolle. Sie erfassen unter anderem phosphoryliertes Tau (pTau181 oder pTau217), Aβ sowie Neurofilament-Leichtketten (NfL). Diese Marker werden mit hoher Sensitivität in einem speziellen Immunoassay nachgewiesen und liefern wertvolle Informationen zur Pathologie bei kognitiven Beeinträchtigungen. Eine EU-Zulassung liegt jedoch auch hier nicht vor.
Ebenfalls pTau217 messen mehrere Tests des US-Unternehmens ALZpath, die derzeit klinisch erprobt werden und zum Teil ebenfalls den Status »Breakthrough Device« erhalten haben. Und auch in Schweden wird an einem pTau-basierten Test gearbeitet. Erste Ergebnisse zu diesem Verfahren stellte vor Kurzem ein Team aus Göteborg vor. In absehbarer Zeit könnte der eine oder andere Test auch in Europa eine Zulassung erhalten.