Erster Arzneistoff für chronische Lungenerkrankung in Sicht |
Daniela Hüttemann |
17.10.2025 16:00 Uhr |
Bei Bronchiektasen kommt es immer wieder zu Entzündungen und Infektionen der Atemwege mit viel Schleimbildung und Husten. Dauerhaft schädigt das die Lungen. / © Getty Images/pocketlight
»Bronchiektasen entstehen im Rahmen eines Teufelskreises aus Infektion, Entzündung und herabgesetztem Transport des Bronchialsekrets in den Atemwegen, der dann zu teilweise ›sackartig‹ erweiterten und sekretgefüllten Atemwegen (›Bronchiektasen‹) führt«, erklärt die Deutsche Atemwegsliga in einem Informationsblatt für Patienten. Getriggert wird der Prozess durch Atemwegsinfektionen, Autoimmunerkrankungen oder auch angeborenen Immundefizienzen. Die Patienten erleben typischerweise ein bis vier Exazerbationen pro Jahr. Das geht mit einer Verschlechterung der Lungenfunktion und Lebensqualität sowie einem erhöhten Sterberisiko einher.
Für Bronchiektasen, die nicht mit einer zystischen Fibrose (Mukoviszidose) in Zusammenhang stehen (non-cystic Fibrosis Bronchiectasis, NCFB), wurde nun mit Brensocatib (Brinsupri™ von Insmed) erstmals in der EU ein Medikament speziell für diese Indikation zur Zulassung empfohlen.
Brinsupri-Tabletten sind für Patienten ab einem Alter von zwölf Jahren gedacht, die zwei oder mehr Exazerbationen in den vorangegangen zwölf Monaten erlebt haben. Der Europäischen Arzneimittelagentur zufolge gibt es zwischen 400.000 bis drei Millionen Betroffene dieser chronischen, progredienten Lungenerkrankung. Das Arzneimittel wurde im Rahmen des Priority-Medicine-Schemes (PRIME) beschleunigt zugelassen, da ein ungedeckter Therapiebedarf besteht. Bislang kann die Erkrankung nur mit Antibiotika, antientzündlichen Medikamenten, Inhalationen, Atemphysiotherapie, Lebensstilmaßnahmen und gegebenenfalls chirurgisch behandelt werden.
Brensocatib ist ein kompetitiver, reversibler Inhibitor der Dipeptidyl-Peptidase 1 (DDP1). Dieses Enzym ist daran beteiligt, neutrophile Immunzellen zu aktivieren. Das führt zu einer exzessiven Ausschüttung von neutrophilen Serin-Proteasen. Dazu gehören die neutrophile Elastase, Cathepsin G und die Proteinase 3, informiert die EMA. Das wiederum schädigt die Wände der Atemwege, führt zu übermäßiger Schleimbildung und dauerhaften Entzündungsreaktionen und beeinträchtigt die Immunabwehr. Brensocatib reduziert die Aktivität der neutrophilen Serin-Proteasen und soll dadurch das Krankheitsgeschehen dämpfen.
Basis der Zulassungsempfehlung ist eine randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie namens ASPEN, an der 1721 Patienten ab einem Alter von zwölf Jahren teilnahmen. Während die Placebogruppe innerhalb eines Jahres im Schnitt 1,29 Exazerbationen erlebte, waren es unter 25 mg Brensocatib einmal täglich nur 1,04 Exazerbationen. Das entspricht einer relativen Risikoreduktion um rund 20 Prozent, was statistisch signifikant war. Zudem blieb ein größerer Teil der Patienten unter Brensocatib über ein Jahr progressionsfrei. Die 10-mg-Dosis war dagegen nicht ausreichend wirksam. Die entsprechenden Daten wurden im April dieses Jahres im »New England Journal of Medicine« veröffentlicht.
Die häufigsten aufgetretenen Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Hyperkeratosen, Entzündungen des Zahnfleisches und Mundraums, Dermatitis, Hautausschläge, Infektionen der oberen Atemwege und trockene Haut.