Erster »Anti-Juckreiz-Antikörper« zugelassen |
Mit Nemolizumab konnte der Prurigo-nodularis-Patientin Elke Schmalenbach (rechts) nach Jahren quälenden Juckreizes im Rahmen der Zulassungsstudie für Nemolizumab geholfen werden. Prof. Sonja Ständer (Mitte) und Privatdozentin Dr. Claudia Zeidler (links) haben laut Uniklinik Münster mit ihrer Forschung maßgeblich dazu beigetragen. / © UK Münster
Atopische Dermatitis (Neurodermitis) ist eine häufige und chronische Form eines Ekzems, das durch anhaltendes, störendes Jucken (Pruritus), entzündliche Hautläsionen und häufige Hautinfektionen gekennzeichnet ist. Betroffen sind weltweit etwa 230 Millionen Menschen.
Prurigo nodularis ist eine chronische Hauterkrankung, die durch Hautknoten gekennzeichnet ist, die große Körperbereiche bedecken können und mit äußerst starkem Pruritus einhergehen. Die Prävalenz von Prurigo nodularis liegt in Deutschland zwischen 0,1 und 0,2 Prozent. Damit sind hierzulande bis zu 166.428 Menschen jeden Alters und etwa gleich viele Frauen und Männer betroffen.
Interleukin-31 ist ein neuroimmunes Zytokin, das Juckreiz auslöst und sowohl bei atopischer Dermatitis als auch bei Prurigo nodularis an Entzündungen und Hautbarriere-Störungen beteiligt ist. Nemolizumab ist nun der erste monoklonale Antikörper seiner Klasse, der spezifisch auf den IL-31-Rezeptor alpha abzielt und die Signalübertragung von IL-31 hemmt.
Das Präparat Nemluvio ist zugelassen zur Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Patienten ab zwölf Jahren sowie zur Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer Prurigo nodularis. In beiden Fällen müssen die Patienten für eine systemische Therapie infrage kommen.
Nemluvio ist als 30-mg-Pulver und Lösungsmittel für Injektionslösungen in vorgefüllten Pens oder Spritzen erhältlich. Empfohlen wird eine Anfangsdosis von 60 mg (zwei 30-mg-Injektionen), gefolgt von 30 mg alle vier Wochen. Nach 16 Behandlungswochen beträgt die empfohlene Erhaltungsdosis für Patienten, die ein klinisches Ansprechen erreichen, 30 mg alle acht Wochen.
Nemolizumab kann mit oder ohne topische Corticosteroide angewendet werden. Topische Calcineurin-Inhibitoren können angewendet werden, sollten aber nur auf die Problemzonen wie Gesicht, Hals, intertriginöse Bereiche und Genitalbereiche beschränkt bleiben.
Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der Phase-III-Studien ARCADIA und OLYMPIA. In den Studien verbesserte eine 16-wöchige Behandlung mit Nemolizumab verglichen mit Placebo signifikant den Hautzustand von Patienten mit atopischer Dermatitis, gemessen an Verbesserungen auf der IGA- und EASI-75-Skala, und bei Patienten mit Prurigo nodularis, gemessen an Verbesserungen auf der IGA-Skala. Zudem wurde in allen Studien eine signifikante Juckreizlinderung beobachtet.
Die häufigsten Nebenwirkungen bei atopischer Dermatitis und Prurigo nodularis sind Typ-I-Überempfindlichkeitsreaktionen (Urtikaria und Angioödem) und Reaktionen an der Injektionsstelle. Weitere Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, atopische Dermatitis, Ekzem und nummuläres Ekzem wurden bei Prurigo nodularis berichtet.