Erhöhtes Risiko für Kinder und Jugendliche |
Laura Rudolph |
20.11.2024 09:00 Uhr |
Cannabinoide kommen bei Kindern etwa bei therapieresistenter Epilepsie oder Übelkeit infolge einer Chemotherapie zum Einsatz. / © Getty Images/Tinnakorn Jorruang
Cannabisextrakte und Cannabinoide wie Cannabidiol (CBD) oder Tetrahydrocannabinol (THC) werden zunehmend auch bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt, häufig bei therapieresistenter Epilepsie und Chemotherapie-induzierter Übelkeit, aber auch bei Krebs oder Autismus-Spektrum-Störungen. Über die Sicherheit medizinischer Cannabisprodukte in dieser Altersgruppe liegen bisher jedoch nur wenige Daten vor.
Um diese Datenlücke zu verkleinern, führte das Team um Dr. Manik Chhabra von der University of Manitoba in Winnipeg eine Metaanalyse mit 23 randomisierten, kontrollierten Studien (RCT) mit insgesamt 3612 Teilnehmenden durch. Die Analyse zeigte, dass Cannabinoide im Vergleich zu Placebo oder alternativen Therapien das relative Risiko für Nebenwirkungen, insbesondere für schwere, bei Heranwachsenden signifikant erhöhten. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachjournal »Jama Pediatrics« publiziert.
Die Forschungsgruppe durchsuchte für ihre Analyse wissenschaftliche Datenbanken nach passenden RCT, die bis zum 1. März 2024 veröffentlicht wurden. Schließlich flossen 23 Studien in die Metaanalyse ein, von denen elf ausschließlich Kinder und Jugendliche umfassten. Primäre Endpunkte waren Therapieabbrüche und allgemeine sowie schwere Nebenwirkungen. Die Daten wurden mithilfe eines Random-Effects-Modells analysiert.
Die am häufigsten eingesetzten Cannabinoide waren Cannabidiol (47,8 Prozent), Nabilon (17,4 Prozent), THC und Cannabisextrakte (je 13,0 Prozent). Die häufigsten Anwendungsgebiete waren Epilepsie (39,1 Prozent) und Übelkeit/Erbrechen infolge einer Chemotherapie (30,4 Prozent).
Kinder und Jugendliche, die Cannabinoide erhielten (Behandlungsgruppe), erlitten häufiger Nebenwirkungen und brachen öfter die Therapie ab als denjenigen, die kein medizinisches Cannabis erhielten (Kontrollgruppe; Placebo oder Vergleichstherapie). Das relative Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen war in der Cannabisgruppe um 9 Prozent erhöht und das für schwere Nebenwirkungen sogar um 81 Prozent.
Am häufigsten traten Schläfrigkeit (relatives Risiko [RR]: 2,28), Durchfall (RR: 1,82), und erhöhte Leberwerte wie Aspartat-Aminotransferase (AST; RR: 5,69) und Alanin-Aminotransferase (ALT; RR: 5,67) auf. Die Kinder und Jugendlichen in der Cannabisgruppe brachen die Therapie zudem etwa dreimal so häufig ab wie diejenigen in der Kontrollgruppe (RR: 3,07).
Die Forschenden schlussfolgern, dass Cannabinoide bei Kindern und Jugendlichen mit einem signifikant höheren Risiko für Nebenwirkungen verbunden sind und Ärzte sorgfältig den Nutzen gegen die Risiken abwägen sollten, bevor sie ein Rezept ausstellen.
Die Studie untersuchte allerdings nur die kurzfristigen beziehungsweise die unmittelbaren Nebenwirkungen von Cannabinoiden. Sie sagt nichts über die Langzeitnebenwirkungen aus, beispielsweise wie sich der Einsatz auf das sich entwickelnde Gehirn auswirkt. Daher sind weitere Studien nötig, um das Risikoprofil von Cannabinoiden bei Kindern und Jugendlichen weiter zu untersuchen.