EPA als Zeitenwende der Digitalisierung |
Lukas Brockfeld |
08.04.2025 16:10 Uhr |
Simone Schwering, Markus Scheitzach, Gottfried Ludewig und Florian Fuhrmann (v.l.n.r.) sprachen mit Moderatorin Jessica Hanneken (ganz links) über die Digitalisierung des Gesundheitswesens. / © Deutsche Telekom/Marc-Steffen Unger
Im Januar 2024 wurde das E-Rezept in der ganzen Bundesrepublik eingeführt und in den kommenden Wochen soll auch die elektronische Patientenakte (EPA) in der Versorgung ankommen. Die Digitalisierung des des deutschen Gesundheitswesens nimmt Fahrt auf. Am 7. April fand daher der dritte »Future Health Day« der Telekom in Berlin statt. Zahlreiche Expertinnen und Experten aus den Bereichen Gesundheit und Digitalwirtschaft waren eingeladen, um über die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens zu diskutieren.
Einer von ihnen war Florian Fuhrmann, der seit September 2024 Vorsitzender der Geschäftsführung der Gematik ist. Im Interview mit der Moderatorin Jessica Hanneken zeigte sich Fuhrmann erfreut, dass Union und SPD die Digitalisierung des Gesundheitswesens in ihren Koalitionsverhandlungen offenbar als Chance verstehen. »Ich glaube, diesen Spirit werden die neuen Minister mitnehmen und sich überlegen, wie wir die Digitalisierung nutzen können. Im Gesundheitswesen haben wir schon viele Dinge vorgedacht und viel auf den Weg gebracht. Diesen Weg sollten wir kontinuierlich weiter gehen«, so Fuhrmann.
Auch in der Gematik rechnet Fuhrmann in den kommenden Jahren mit neuen Impulsen. »Wir müssen uns auf jeden Fall zu einer TI 2.0 entwickeln und eine Komplexitätsreduktion hinbekommen.« Die Gematik und die Telematik-Infrastruktur (TI) hätten jetzt fast 20 Jahre auf dem Buckel. »Über die Jahre sind einige Legacy Geschichten entstanden, die eine gewisse Komplexität und Fehleranfälligkeit mit sich bringen. Es wäre sinnvoll, wenn man das reduziert«, so Fuhrmann.
Im Anschluss nahm der Gematik-Geschäftsführer an einer Podiumsdiskussion teil. Außerdem beteiligten sich Gottfried Ludewig (Leader Public Sector & Health Industrie der Deutschen Telekom), Simone Schwering (stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer) und Markus Scheitzach (CFO des Pflegedienstleistungskonzerns Korian) an der Debatte.
Simone Schwering zeigte sich überzeugt, dass die Versicherten in Deutschland sehr aufgeschlossen gegenüber der Digitalisierung sind. »Wir sehen bei der EPA eine sehr niedrige Ablehnquote. Das spricht dafür, dass wir das anbieten, was für unsere Versicherten auch funktioniert«, so die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Barmer.
Gottfried Ludewig wünschte sich eine bessere Vernetzung der unterschiedlichen digitalen Anwendungen und illustrierte seine Forderung mit einer persönlichen Geschichte: Als er nach der Geburt seines Kindes die Familienkasse wechseln wollte, habe er jede Menge Daten noch einmal angeben müssen, die eigentlich schon im System vorhanden waren. Er wünscht sich daher eine zentralere Speicherung von Gesundheitsdaten.
»Häufig reden wir in Diskussionen darüber, dass wir alles zentral wollen. Aber sobald es kommt, warnen alle vor dem gläsernen Bürger. Ich würde mir Österreich als Vorbild wünschen. Die haben ein ›Once-Only-Prinzip‹. Man muss alle Daten nur einmal an den Staat geben.« Danach habe der Staat kein Recht, noch einmal danach zu fragen. »Man hat seine Daten einmal gegeben und dann werden sie zentral genutzt«, führte Ludewig aus.
Florian Fuhrmann erklärte, dass das Gesundheitssystem in der Vergangenheit eine organisationszentrierte Datenhaltung gehabt habe, in der jede Praxis und jede Krankenkasse Daten nur für sich gesammelt hätte. Die EPA, die aktuell noch erprobt wird, läute eine Zeitenwende ein. »Wir entwickeln uns hin zu einem patientenzentrierten Datenmanagement. Jetzt können wir uns endlich darüber unterhalten, welche Datenstände wir zur Verfügung stellen und für welche Anwendungen wir sie einsetzen« so der Gematik-Geschäftsführer.
Die EPA, die ursprünglich in diesen Tage in ganz Deutschland eingeführt werden sollte, entwickelt sich laut Fuhrmann in die richtige Richtung. »Wir bekommen wirklich gute Rückmeldungen. Es gibt aber bei allem Positiven an der ein oder anderen Stelle auch Probleme. Beispielsweise weil einige Softwarehersteller hier und da noch nicht so weit sind, wie wir und das wünschen. Aber das Gesamtsystem ist auf einem sehr guten Weg, auch was das Thema Sicherheit angeht«, berichtete der Gematik-Chef.
Für Markus Scheitzach ist die Etablierung von Digitalanwendungen wie der EPA auch aufgrund der demografischen Entwicklung Deutschlands alternativlos. »In fünf bis zehn Jahren werden wir über die Auswirkungen des demografischen Wandels erstaunt sein. Wir müssen Personal frei machen für die Pflege und die Patienten. Digitalisierung ist kein Selbstzweck, die Patienten und die Angehörigen müssen dabei im Mittelpunkt stehen«, betonte Scheitzach.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.