Entlassrezepte bleiben ein Problem |
Cornelia Dölger |
10.01.2024 15:30 Uhr |
Derzeit müsse der DAV den Apotheken leider weiterhin empfehlen, die Entlassrezepte bei unheilbaren Formfehlern als Privatrezepte abzurechnen, sagte DAV-Chef Hans-Peter Hubmann der PZ. / Foto: ABDA
Im Juli vergangenen Jahres traten wichtige Änderungen beim Entlassmanagement in Kraft. Davon betroffen sind mehrere Vertragspartner: Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), der GKV-Spitzenverband und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Einzelheiten zum Entlassmanagement im Rahmenvertrag über das Entlassmanagement von 2017 regeln.
Die drei Partner haben sich vergangenes Jahr auf eine Änderung des Regelwerks verständigt, nämlich auf die 10. Änderungsvereinbarung zum Rahmenvertrag über das Entlassmanagement. Sie trat am 1. Juli 2023 in Kraft – und mit ihr besagte neue Regeln, die weiterhin zu Ärger führen.
Davon betroffen sind nämlich auch die Apotheken. Zwar sind deren Vorgaben für das Entlassmanagement in einem eigenen Regelwerk festgehalten: Anlage 8 zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung nach § 129 Abs. 2 SGB V. Vertragspartner sind hier der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband. Anlage 8 bezieht sich aber wiederum auf den Rahmenvertrag von DKG, GKV-SV und KBV. Deshalb sollten aus Sicht dieser Vertragspartner die Änderungen im Rahmenvertrag auch für Anlage 8 gelten – was der DAV nach Verhandlungen mit dem GKV-SV aber ablehnte.
Nach Auffassung des DAV hätte dies nämlich für die Apotheken zusätzliche Prüfpflichten und Heilungsmöglichkeiten für fehlerhafte Rezepte nach sich gezogen, anders gesagt: Mit der Anpassung hätten sich für Apotheken weitere Retax-Fallen ergeben, befürchteten die Landesverbände. Sie lehnten die Änderung geschlossen ab; diese gelten nun für DGK, GKV-SV und KBV – ein Dilemma, das Formfehler und damit Retaxfallen für die Apotheken geradezu heraufbeschwört.
Zum Beispiel müssen Krankenhäuser seit Jahresbeginn anstelle der versorgungsspezifische Betriebsstättennummer (BSNR) das Standortkennzeichen des Krankenhauses nach § 293 Absatz 6 SGB V eintragen (»77«). Reha-Einrichtungen hingegen verwenden weiterhin die BSNR in der Codierleiste. Bis Ende Dezember 2023 war für Krankenhäuser übergangsweise sowohl die BSNR als auch das Standortkennzeichen zulässig.
Auch die Pseudo-Arztnummer »4444444«, die bislang sowohl Krankenhäuser als auch Reha-Einrichtungen genutzt haben, dürfen Verordnende aus Kliniken nun nicht mehr verwenden, sondern nur noch für die Versorgung zugelassene Arztnummern (Krankenhausarztnummern/lebenslange Arztnummern) angeben.
Für Apotheken gilt diese Differenzierung nicht. Sie bekommen also Entlassrezepte, die wegen der widersprüchlichen Regeln aus Sicht der Verordnenden korrekt sind, aus Sicht der Apotheken aber nicht. Deshalb hatte der DAV den Apotheken schon im vergangenen Sommer empfohlen, Entlassrezepte als Privatrezepte abzurechnen, wenn sie nicht heilbar sind und keine neue, fehlerfreie Verordnung ausgestellt werden kann (etwa wenn der Verordnende nicht erreichbar ist). Ansonsten sei zu befürchten, dass die Krankenkassen die Kostenübernahme und Honorarzahlung aufgrund der Formfehler bei der Ausstellung verweigerten.
Der DAV-Vorsitzende Hans-Peter Hubmann betonte gegenüber der PZ, der Verband fordere die Krankenkassen auf, bei fehlerhaft ausgestellten Rezepten keine Beanstandungen und Rechnungskürzungen gegenüber den Apotheken auszusprechen. Derzeit müsse der DAV den Apotheken leider weiterhin empfehlen, die Entlassrezepte bei unheilbaren Formfehlern als Privatrezepte abzurechnen.
Die Gespräche mit dem GKV-SV würden fortgesetzt, so Hubmann weiter, es hätten sich für die Ausstellung und Abrechnung von Entlassrezepten aber in letzter Zeit keine neuen Entscheidungen ergeben. Er adressierte an die Krankenhäuser, die Regelungen zur Ausstellung von Entlassrezepten umzusetzen, die sie selbst mit den Krankenkassen und Kassenärzten verhandelt hätten.