»Endometriose ist stigmatisiert und stigmatisierend« |
Professor Ivo Meinhold-Heerlein, Hessens Gesundheitsministerin Diana Stolz, Anja Moritz (Geschäftsführerin der Endometriose-Vereinigung Deutschland), Hessens Gesundheits-Staatssekretärin Sonja Optendrenk und der Vorsitzende und Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte Klaus Doubek. / © Hessische Ministerium für Familie, Senioren, Sport, Gesundheit und Pflege (HMFG)
Frauengesundheit »in ihren unterschiedlichen Facetten« will Diana Stolz »oben auf die Agenda« setzen, wie sie diese Woche anlässlich eines parlamentarischen Frühstücks »Frauengesundheit im Fokus« in Wiesbaden zum Krankheitsbild Endometriose betonte.
»Viel zu oft werden die Krankheitsbilder von Frauen nicht direkt erkannt oder gar abgetan«, so die Ministerin. Das gelte »in besonderem Maße« für Endometriose, aber auch für eine Reihe weiterer Erkrankungen, die teils falsch oder zu spät eine angemessene Behandlung erfahren würden. »Man geht davon aus, dass Endometriose mindestens zwei Millionen Frauen in Deutschland betrifft. Die Symptome – darunter starke Schmerzen, Unfruchtbarkeit und chronische Müdigkeit – schränken die Lebensqualität sowie das berufliche und soziale Leben der Betroffenen ein. Die Krankheit wird häufig fehldiagnostiziert«, erklärte die Ministerin weiter. Sie fordert: »Frauen müssen sich darauf verlassen können, dass sie in allen Lebensphasen eine flächendeckende und für sie passende medizinische Versorgung erhalten.«
Endometriose sei eine Erkrankung, »die nicht abgetan werden darf«, stellte Stolz klar. Die Krankheit finde im Regierungsprogramm in Hessen ausdrücklich Erwähnung – das Bundesland sei damit Vorreiter. Darin heißt es: »Wir unterstützen die Forschung im Themenbereich Frauengesundheit und die Berücksichtigung geschlechterspezifischer Unterschiede in der Medizin. Es darf keine geschlechterbasierte Diskriminierung im Gesundheitswesen geben. Wir sehen Aufklärungs- und Sensibilisierungsbedarf in Bereichen wie Endometriose, Gewalt unter der Geburt und den Wechseljahren.«
Der Hessischen Landesregierung ist damit laut Stolz »ernst damit, die Weichen so zu stellen, dass Frauen besser behandelt werden und sie nicht jahrelange Leidenswege bis zur Diagnose hinnehmen müssen.« Im Durchschnitt würden 7,5 Jahre bis zur gesicherten Diagnose vergehen. Nicht umsonst werde Endometriose in Fachkreisen als das »Chamäleon« der Gynäkologie bezeichnet.
Dass Endometriose nach wie vor nicht die Resonanz und Unterstützung erhalte, die dringend notwendig sei, betonte Anja Moritz, Geschäftsführerin der Endometriose-Vereinigung Deutschland. Es sei richtig und wichtig, dass die Politik zu dem Thema intensiver miteinander ins Gespräch komme.
Professor Ivo Meinhold-Heerlein, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM), machte deutlich: »Endometriose ist eine Erkrankung, die zehn bis 15 Prozent aller Frauen betrifft, die seit über 100 Jahren bekannt ist, sehr tabuisiert wurde, und ich bin dankbar, dass dieses Tabu nunmehr zu fallen beginnt.«
Das Thema Endometriose in den Vordergrund zu stellen, ist laut Klaus Doubek, Vorsitzender und Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte, »mehr als überfällig«. Er stellte klar: »Endometriose ist stigmatisiert und stigmatisierend.« Aufklärung und Sensibilisierung seien geboten. Wissen schütze, denn eine frühzeitige Erkennung sei wesentlich: »Aufklärung kann in der Schulzeit beginnen.«
Für das nächste parlamentarische Frühstück zum Thema Frauengesundheit laufen bereits die Vorbereitungen mit Lena Seegers vom Universitätsklinikum Frankfurt, die das erste universitäre Frauenherzzentrum Deutschlands gegründet hat, erklärte Stolz abschließend. Auch hier sei »ein deutlicher Gender-Health-Gap auszumachen, dem wir entgegentreten müssen«.