Endgültiges Aus für Hydroxyethylstärke-Infusionen? |
Kerstin A. Gräfe |
11.02.2022 17:00 Uhr |
Die EMA empfiehlt das Aussetzen der Zulassung HES-haltiger Arzneimittel. / Foto: Adobe Stock/vegefox.com
HES-haltige Arzneimittel werden zur Therapie einer Hypovolämie infolge eines akuten Blutverlusts eingesetzt, sofern eine alleinige Therapie mit anderen Infusionslösungen (Kristalloide) nicht ausreicht. Sie werden als venöse Infusion gegeben, um einen Schock zu verhindern.
Der Pharmakovigilanzausschuss (PRAC) der EMA hatte bereits im Jahr 2018 das EU-weite Ruhen der Zulassung HES-haltiger Arzneimittel empfohlen. Untersuchungen hatten gezeigt, dass die Präparate trotz der 2013 eingeführten Anwendungsbeschränkungen außerhalb der zugelassenen Indikation verwendet werden. Dazu zählt zum Beispiel die Anwendung bei schwerkranken Patienten und solchen mit Sepsis und Nierenschäden.
Zudem hatte die EMA als Sicherheitsmaßnahme ein »Programm für den kontrollierten Zugang« auferlegt. Dieses beinhaltete unter anderem, dass die Verwendung HES-haltiger Arzneimittel auf akkreditierte Krankenhäuser beschränkt wurde und sich Heilberufler, die diese Arzneimittel verschreiben oder verabreichen wollen, einer Schulung zur sachgemäßen Verwendung unterziehen mussten. Unternehmen, die HES-Lösungen zur Infusion vermarkten, wurden zudem aufgefordert, eine Studie zur Arzneimittelverwendung durchzuführen, um zu überprüfen, ob die Einschränkungen in der klinischen Praxis eingehalten werden, und die Ergebnisse der EMA vorzulegen.
Das Resultat: HES-haltige Arzneimittel werden immer noch außerhalb der zugelassenen Indikation verwendet. Angesichts der schwerwiegenden Risiken, denen bestimmte Patientengruppen dadurch ausgesetzt sind, hat der PRAC jetzt empfohlen, die Zulassungen für HES-haltige Arzneimittel in der EU auszusetzen. Die Empfehlung wird nun an die Koordinierungsgruppe für gegenseitige Anerkennung und dezentrale Verfahren (CMDh) weitergeleitet, die sie auf ihrer nächsten Sitzung im Februar 2022 prüfen wird.